Selfoss: Kulturzentrum am Gletscherfluss

Wer von Reykjavík entlang der Ringstraße Richtung Südisland fährt, erreicht nach etwa 50 Minuten Selfoss, die größte Stadt der Region. Nach der Fahrt über die Lavafelder des Vulkans Hengill und über den Bergpass Hellisheidi bietet sich ein schöner Blick auf die weite Landschaft zwischen Bergen und Vulkanen bis zur Atlantikküste, wo der mächtige Gletscherfluss Ölfusá in einer breiten Mündung ins Meer fließt. Die neu ausgebaute Straße führt von ehemaligen Meeresklippen hinunter ins Tiefland, vorbei an den dampfenden Quellen der Stadt Hveragerdi und zu der malerisch am Ufer des Gletscherflusseses gelegenen Stadt Selfoss. Bei guten Wetterverhältnissen sieht man bis hin zum Gletscher und Vulkan Eyjafjallajökull, dessen Ausbruch 2010 für Schlagzeilen sorgte, und zu den vor der Küste Südislands gelegenen Westmännerinseln.

Als ich an einem sonnigen Julitag gegen Ende des letzten Jahrhunderts das erste Mal den reißenden Gletscherfluss Ölfusá überquerte, faszinierte mich die Vielfalt und das Farbenspiel der Natur unmittelbar vor der Stadt so sehr, dass bald die zweite von vielen Reisen nach Südisland geplant wurde. Besonders schön waren das türkisfarbene Wasser eines der größten Gletscherflüsse Islands unmittelbar vor der hübschen Kirche, der majestätische Tafelberg Ingólfsfjall als Kulisse vor der kleinen Stadt und der schneebedeckte, berühmte Vulkan Hekla in der Ferne. Nach vielen weiteren Reisen zog es mich immer wieder in die malerische Landschaft in der Umgebung der Stadt, die mehr als 20 Jahre nach meinem ersten Besuch auch zu meiner Heimat wurde.

Der Berg Ingólfsfjall ist nach dem ersten Landnehmer Ingólfur Arnarsson benannt, der laut Legende dort den Winter 873–874 verbrachte. Etwa 150 Jahre später soll es die erste permanente Besiedlung gegeben haben, aber erst Ende des 19. Jahrhunderts kam es am Ufer der Ölfusá, wie auch an einigen anderen Orten der Insel, zur ersten Ansammlung von Häusern. Selfoss wurde nach dem Bau der ersten Hängebrücke über den Fluss Ölfusá 1891 ein wichtiges Dienstleistungszentrum für die Agrarregion in Südisland, bestand aber Anfang des 20. Jahrhunderts aus nur etwa 40 EinwohnerInnen. Damals wurde das Restaurant und Gästehaus Tryggvaskáli an der Brücke erbaut, das heute als liebevoll renoviertes historisches Gebäude das Stadtbild prägt und nach einer bewegten Geschichte wieder als eines der besten Restaurants des Landes Gäste empfängt.

Heute hat Selfoss etwa 9.000 EinwohnerInnen und ist das größte Wohngebiet in Südisland. Die Siedlung ist ein wirtschaftliches Zentrum mit Kleinindustrie und einer stets wachsenden Anzahl an Handelsbetrieben. Aufgrund der Nähe zu Reykjavík, der stark ansteigenden Immobilienpreisen im Hauptstadtgebiet und dem Wunsch vieler StadtbewohnerInnen, in ruhigerer Lage nahe der Natur zu wohnen, verzeichnete Selfoss in den letzten Jahren einen großen Bevölkerungszuwachs. Die Folgen sind die Errichtung neuer Wohngebiete und der Ausbau der Infrastruktur mit neuen Unternehmen, Schulen, ausgezeichneten Sporteinrichtungen und bald dem Bau einer neuen Brücke an der Ringstraße östlich von Selfoss.

Wer mehrere Tage in Selfoss oder der Umgebung verbringen möchte, kann unter vielen schönen Ausflugszielen in Südisland wählen. Die Fahrt zu der berühmten Springquelle Geysir und dem beeindruckenden Wasserfall Gullfoss oder auch zum Nationalpark Thingvellir dauert nur etwa eine Stunde und führt durch abwechslungsreiche, von Vulkanen und Gletschern geprägte Landschaft. Die Fahrt auf der Ringstraße Richtung Osten führt entlang der wunderschönen Südküste und vorbei an dem Vulkan Eyjafjallajökull zu vielen Sehenswürdigkeiten und dem am schwarzen Sandstrand gelegenen malerischen Städtchen Vík, das nur knapp 2 Stunden Fahrzeit entfernt ist.

Selfoss liegt nur 12 Kilometer von der einzigartigen Küstenlandschaft entfernt, wo Lavaformationen eines vor 8000 Jahren ins Meer geflossenen mächtigen Lavastromes sich mit schwarzem Sand abwechseln. Dort befinden sich auch die etwas abseits der Ringstraße gelegenen malerischen Küstenorte Eyrarbakki und Stokkseyri. Eyrarbakki ist ein ehemaliges Handelszentrum mit vielen historischen Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert und einem sehenswerten Heimatmuseum, und Stokkseyri ist wegen seiner Lavaküste einen Besuch wert.

Zwischen dem Meer und der breiten Mündung befindet sich ein Vogel- und Naturschutzgebiet. Auch der 2021 aktive Vulkan Fagradalsfjall auf der Halbinsel Reykjanes, die auf einem Tagesausflug erkundet werden kann, ist nur knapp eine Stunde Fahrzeit entfernt. Wer das Abenteuer sucht, kann mit einem Geländewagen zum Vulkan Hekla oder in die bunten Berge Südislands fahren. In der Umgebung gibt es viele Möglichkeiten zum Wandern, Reiten und Radfahren sowie Aktivitäten wie Kajakfahrten, ATV-Touren, Raften, Gletscherfahrten, Höhlenwanderungen und vieles mehr – oder man entspannt einfach im Thermalwasser des Schwimmbades. Habt ihr Interesse an einem Ferienhaus nahe Selfoss, dann guckt doch einfach hier.