Wenn ihr aus dem Osten von Island kommt, dann habt ihr bestimmt gerade den Wasserfall Dettifoss, möglicherweise auch den Hafragilsfoss und den Selfoss bewundert und seid von dort auf die Ringstraße Richtung Westen eingebogen.
Vom Dettifoss bis zum See Mývatn sind es etwa 50 Kilometer. Südlich von euch seht ihr den beeindruckenden Tafelvulkan Herdubreid und die Weiten der Lavawüste Ódádahraun, über die bei starkem Wind Sandstürme fegen. Im Westen vor euch erheben sich nach einigen Kilometern Fahrt der Berg Námafjall und daneben der Vulkan Krafla aus der Ebene.
Vom Lavafeld ins Hochthermalgebiet
Nachdem ihr das zerklüftete Lavafeld Búrfellshraun passiert habt, liegt links von euch das erste Highlight der Gegend rund um den See: Das Hochthermalgebiet von Hverarönd, das auch Hverir genannt wird, erstreckt sich am Fuß des völlig vegetationslosen Vulkans Námafjall, dessen Flanke gelb-orange schimmert.
Das schönste Hochthermalgebiet von Island
Nehmt euch Zeit, packt euch gut ein und erkundet dann die brodelnden, schwefelhaltigen Schlammquellen (Solfataren) und fauchenden Dampfquellen (Fumarolen).
Viele Schlammtöpfe werden von weißfarbenem Gips und Sinter umrahmt, an anderen Stellen ist die Erde mal knallig gelb, dann wieder dunkelgrau, blau wie der Himmel oder in kräftiges Eisenrot getaucht.
Hexenküche mit dem Geruch von faulen Eiern
Wenn eine Hexe in den schlammigen Pfuhlen rühren würde, müsste man definitiv nicht überrascht sein.
Durch den ständigen Ausstoß von Dämpfen aus dem Erdinneren ist der Boden so steril und sauer, dass in diesem Gebiet keinerlei Flora wächst. Diese Dämpfe sorgen im Übrigen auch für den für Hochthermalgebiete typischen Geruch nach faulen Eiern.
Das geothermische Kraftwerk Krafla
Falls ihr Zeit habt, könnt ihr von Hverir über einen Wanderweg Richtung Norden bis zum Vulkan Krafla spazieren. An seinen Flanken liegt ein geothermisches Kraftwerk, das aus 18 Bohrlöchern Dampf und Wasser fördert und damit über zwei Turbinen eine Gesamtleistung von 60 MW Energie liefert.
Die ersten Bohrlöcher wurden 1974 gegraben, ab Februar 1978 erzeugte die erste Turbine Energie. In einer kostenlosen Ausstellung könnt ihr euch ein Bild der Technik machen und einen Film über das gesamte Projekt ansehen.
Auf zum Vulkan
Nicht weit vom Kraftwerk entfernt liegt das Maar Víti mit seinem türkis-blau schimmernden See. An seinem Ufer brodelt und zischt es aus Schlammtümpeln, und ihr könnt am Kraterrand einige Meter entlanggehen.
In kurzer Entfernung dampfen die Vulkanspalten des Leirhnjúkur in einer unwirklich urtümlichen Landschaft vor sich hin, und ihr habt die Möglichkeit, auf verschiedenen Wegen zu Aussichtsplattformen rund um den 818 m hohen Vulkan Krafla und seine Lavafelder zu wandern. Dass man auf einem Vulkan unterwegs ist, kann man nicht vergessen: Das lassen die Solfataren, der zischende Dampf und die dunklen Spalten, aus denen Schwefelgeruch hervorkriecht, definitiv nicht zu.
Typisch Island: Jahrelange Vulkanausbrüche
Der Vulkanismus am Mývatn ruhte fast 2.000 Jahre, bevor sich zwischen 1724 und 1729 mehrmals Spalten in der etwa 100.000 Jahre alten Krafla-Caldera öffneten und dabei Feuer und Lava spuckten. Mehrere Bauernhöfe wurden durch die sogenannten „Mývatn-Feuer“ zerstört, aber die Kirche von Reykjahlid blieb wie durch ein Wunder von den Lavamassen verschont.
Die nächste längere und als „Krafla-Feuer“ bekannte Ausbruchsserie ereignete sich zwischen 1975 und 1984. Besonders die Spalten am Vulkan Leirhnjúkur entließen dabei Lava und Feuer, und obwohl die Ausbrüche 40 Jahre her sind, sind die Lavafelder heute an vielen Stellen noch heiß.
Rund um den Vulkan Krafla habt ihr also vielfältige Möglichkeiten, die Energie aus dem Erdinneren zu spüren, aber westlich davon hat der See für euch noch viel mehr zu bieten.
Über den Pass
Zurück zur Ringstraße und dann über den Pass Námaskard erreicht ihr linker Hand einen Aussichtspunkt mit hervorragendem Überblick auf den See und die kleine Ortschaft Reykjahlid. Gleich unterhalb des Aussichtspunktes befinden sich die Mývatn Nature Baths, in deren heißem Wasser sich nach einem langen Wandertag wunderbar entspannen lässt.
Bezieht doch ein Ferienhaus in der Nähe des Mývatn und plant mindestens zwei, besser drei Tage für den viertgrößten See von Island ein.
Der Norden von Island: Möglichkeiten ohne Ende
Im Ort Reykjahlid gibt es eine Tankstelle, Lokale und Geschäfte. Vielleicht wollt ihr ein wenig wandern, dann besteigt doch den Berg Vindbelgjarfjall im Norden des Mývatn und genießt einen atemberaubenden Blick auf den See, seine Inseln, Strände und Buchten.
Auch wenn es kaum vorstellbar ist: Der 529 m hohe Vindbelgjarfjall ist ein subglazialer Vulkan aus dem Eiszeitalter, der damals vollständig von Eismassen bedeckt war und seine Eisdecke trotz mehrerer Ausbrüche nicht durchschmelzen konnte.
Aufstieg über Schotterflanke
Auf den Vindbelgjarfjall kommt ihr in etwa 45-60 Minuten, zunächst durch ein von Sträuchern bewachsenes Gebiet, später in Serpentinen über die Schotterflanke bis zum Gipfel. Genießt den herausragenden Blick über den See Mývatn mit seinen vielen Inseln, die Krafla-Caldera und hinüber zum Ringkrater Hverfjall. Ein perfekter Picknickplatz, aber nehmt bitte alles, was ihr mit nach oben genommen habt, auch wieder mit nach unten!
Leicht zu besteigender Superlativ
Vielleicht wollt ihr auch den Hverfjall, den größten Ringkrater der Welt, erklimmen und ihn in luftiger Höhe umrunden. Hverfjall überragt die umliegende Landschaft, aber seine unglaubliche Größe erschließt sich euch erst, wenn ihr ihn vom oberen Rand aus erlebt.
Vermutlich sind gasarme, vulkanische Schmelzen mit Grundwasser in Kontakt gekommen und haben in einer oder mehreren Explosionen diesen etwa 150 m hohen und etwa einen Kilometer weiten Aschering geschaffen, dessen Ausmaße nicht nur in Island einmalig sind.
Die Lúdent-Spalte
Etwas weiter östlich vom Hverfjall befinden sich die eng beieinander liegenden Krater der Lúdent-Spalte. Dort traten gasreiche Schmelzen in verschiedenen Explosionen an die Oberfläche und hinterließen ein zerklüftetes, teils sandiges, teils von Vegetation bestandenes Areal.
Dort ist es abenteuerlich und wildromantisch, allerdings sind die Wege rund um die Krater kaum gekennzeichnet – und vor unfreiwilligen Einbrüchen in die poröse Erde sollte ihr euch unbedingt vorsehen!
Krater zwischen Wiesen
Wer lieber etwas weniger abenteuerlich unterwegs ist, der kann auf der Südseite des Mývatn bei Skútustaðir auf gut gepflegten Wegen zwischen beeindruckenden Pseudokratern spazieren. Diese Krater entstanden, als heiße Lava über feuchtes Areal floss.
Vom Parkplatz aus könnt ihr aus zwei Runden wählen und zwischen grünen Wiesen und den Kratern in Sichtweite vom See spazieren. Die schnelle Rund habt ihr in 15 Minuten bewältigt, die größere Tour dauert etwa eine halbe Stunde. Perfekt für einen gemütlichen Abendausflug.
Geheimnisvolle Dimmuborgir
Nur 12 Kilometer von den Pseudokratern bei Skutustadir entfernt liegen auf der Ostseite des Mývatn die faszinierenden Lavaformationen von Dimmuborgir („düstere Berge“).
Die Lava, die vor etwa 2000 Jahren aus der Lúdentspalte floss, staute sich für einige Zeit zu einem Lavasee. In seinem zentralen Teil bildeten sich kaminartige Aufstiege, aus denen Wasserdampf aus unteren, feuchten Gesteinsschichten drang und zu pfeilerartigen Formationen erstarrte, die noch heute zu bewundern sind.
Typisch Island: Schwarze Lavafelsen vor Polarbirken
Durch das Labyrinth aus hohen Lavafelsen führen verschlungene Wege. Besonders schön ist das Gebiet im Herbst, wenn Weiden und Polarbirken bunte Tupfer zwischen die schwarzen Lavafelsen zaubern.
Der Mývatn: Ein Paradies für Insekten und Vögel
Zusätzlich zu den bereits genannten Highlights wurden rund um den See mehrere Parkplätze und davon ausgehend Wanderwege angelegt, auf denen ihr gefahrlos gehen könnt und sich immer wieder Blicke auf den Mývatn und seine reiche Vogelwelt eröffnen.
Mývatn bedeutet übersetzt „Mückenwasser“ – und das ist der See auch wirklich. Im Sommer schlüpfen Myraden Insekten, aber keine Sorge: Diese stechen nicht und das Naturphänomen hält auch nicht den ganzen Sommer an. Die Mücken locken Vögel aller Art an, der See ist deshalb auch ein Paradies für Ornithologen. I
Im späten Herbst und Winter ist der Mývatn aber auch ein Hotspot, um Polarlichter zu beobachten! Also überlegt euch genau, welche Jahreszeit für euch die richtige ist, oder kommt doch ein zweites Mal in den Norden von Island.
Vielfalt im Norden von Island
Dies und vieles mehr gibt es am See Mývatn zu entdecken. Und auch wenn ihr von dort weiter in den Norden der Insel aufbrecht, zum Beispiel, um in Húsavík Wale zu beobachten,
oder sogar bis nach Ásbyrgi, der Burg der Götter, wollt: Der Mývatn ist ein guter Ausgangspunkt für Entdeckungstouren im Norden der Insel. Gleichzeitig befindet er sich in einer faszinierenden, vom Vulkanismus stark geprägten Region, die euch bestimmt nicht kalt lässt!
Fotos: Thomas Linkel (9), Carina Pilz (4), unsplash: Yves Alarie, Jorge Fernandez, Arnaud Steckle, Chris Stenger, Pavol Svantner