Ist ja eher eine Glaubensfrage. Ob man mit dem Auto linksrum fährt oder rechtsrum. Im Uhrzeigersinn oder entgegengesetzt. Das Gute: Die Naturschönheiten der Insel sieht man so oder so. Nur eben in unterschiedlicher Reihenfolge.
Für alle, die mit Mietwagen eine Woche Urlaub einplanen, gehört die große Rundreise auf dem Pjódvegur 1, dem Highway Number One, der Ringstraße, zum Pflichtprogramm. Eine Strecke, die mit ihren 1332 Kilometern letztlich theoretisch auch in 24 Stunden machbar ist, was aber völlig verschenkt wäre. Um Island zu entdecken, dafür braucht man Zeit, dafür sollte man erst einmal entspannen, entschleunigen. Vor der Rundreise runterfahren.
Ein Auto in Island mieten – und dann zur Einstimmung auf den Golden Circle
Da sich fast alle Island-BesucherInnen das Auto mit Abholhort am Flughafen oder spätestens in Reykjavík mieten, empfiehlt sich zur Einstimmung eine Fahrt auf dem Gullni hringurinn, dem Golden Circle: eine rund 300 Kilometer lange Route, die auf ihrem Weg einige große Sehenswürdigkeiten streift und bei Abfahrt am frühen Vormittag in Islands Hauptstadt leicht an einem Tag machbar ist. Wer mit dem Mietwagen Richtung Süden startet, fährt auf der Ringstraße bis Selfoss, von dort auf der Straße Nummer 35 nach Norden weiter.
Erster Haltepunkt ist der grandiose Wasserfall Gullfoss, an dem pro Sekunde 130 Liter 70 Meter tief in die Schlucht stürzen. Von hier führt die Route nach Westen nach Haukadalur, die Heimat des Großen Geysirs, der es bei seinen Eruptionen früher auf Fontänen von bis zu 60 Metern brachte, jetzt aber etwas altersschwach und vor allem sehr unregelmäßig in die Höhe sprudelt. Sehr viel verlässlicher ist da schon der Strokkur, der sein Wasser zuverlässig rund alle zehn Minuten bis zu 20 Meter in die Luft jagt.
Weiteres Highlight ist die Fahrt mit dem Auto durch den Nationalpark Thingvellir, in dem sich zwischen dem 10. und dem 18. Jahrhundert Volksvertreter aus allen Teilen Islands zum jährlichen Althing trafen, der Parlamentsversammlung. An diesem historischen Ort wurde 1944 dann auch die Republik Island ausgerufen.
Ein Pfad hinter dem Wasserfall
Nach diesem Prolog über den Golden Circle geht es am nächsten Tag von Reykjavík aus nun mit dem Mietwagen auf die große Rundreise entlang der Ringstraße 1. Wieder zunächst entgegen der Uhr in Richtung Süden. Obligatorische Stopps auf dieser ersten Etappe sind nach der Kleinstadt Hvolsvöllur auf der nördlichen Seite zwei Wasserfälle. Der Seljalandsfoss und der Skógafoss, beide am Fuße des Eyjafjallajökull-Gletschers gelegen, der mit dem Ausbruch seines subglazialen Vulkans 2010 Weltruhm erlangte. Besonders empfehlenswert ist der Fußweg, der hinter dem Seljalandsfoss entlangführt. Von dort bietet sich besonders in der Abenddämmerung ein beeindruckender Blick durch die Wassergischt hinaus auf weite isländische Landschaft.
Justin Bieber und der Dreh mit dem Wrack
Ein inzwischen längst beliebtes Motiv auf sozialen Netzwerken findet sich weiter östlich in der schwarzen Sandwüste von Sólheimasandur, an deren Rand man das Auto parken muss: das nur über einen dreieinhalb Kilometer langen Fußweg erreichbare Flugzeugwrack einer DC-117-Maschine, die 1973 mit auf Island stationierten US-amerikanischen Soldaten abstürzte. Glücklicherweise überlebten damals alle Insassen. Bekannt wurde das Wrack, als Justin Bieber während eines Island-Trips auch hier Video-Sequenzen für seinen Song „I’ll Show You“ drehte.
Gewaltige Gletscher und fantastische Fjorde
Ab dem Städtchen Vik, dem südlichsten Teil der Ringstraße, geht es mit dem Mietwagen allmählich in den Osten Islands. Vorbei an Hjörleifshöfði, einer markanten Tuffinsel mit 221 Meter Höhe, und dem Fjadrárgljúfur-Canyon führt die Rundreise nun über Kirkjuaejarklaustur zum mächtigen Vatnajökull, dem größten Gletscher Europas, der mit seiner Fläche von etwa 8100 Quadratkilometern acht Prozent von ganz Island bedeckt.
Nach der Kleinstadt Höfn wird es nun immer einsamer: Die Ringstraße entlang der Ostküste führt durch karge Gegenden vorbei an den zerklüfteten Fjorden hinauf nach Egilsstadir am Ufer des Lagarfljót, einem langgezogenen See. Hier soll der Sage nach der Lagarfljótwurm hausen, Islands Antwort auf das Monster von Loch Ness.
Garantiert frei von jeglichem Seeungeheuer sind die Geothermalpools im Urridavatn, wenige Minuten nordwestlich von Egilsstadir: die erst 2019 eröffneten Vök Baths, die mit Wasser der unterirdischen, bis zu 75 Grad warmen heißen Quellen, gespeist werden.
Go West: Schöner wandern in der Schlucht
Ab hier wendet und windet sich die Ringstraße auf der Rundreise mit dem Mietwagen nun wieder Richtung Westen. 70 Kilometer nach Egilsstadir lohnt es sich, das Auto zu parken und vier Kilometer nach Süden zu gehen. Hinein in den Studlagil Canyon, durch dessen Wände mit ihren bizarren Basalt-Formationen der Gletscherfluss Jökla fließt. Dass es die erst seit kurzer Zeit begehbare Schlucht überhaupt gibt, ist dem erst vor wenigen Jahren entstandenen Staudamm weiter südlich zu verdanken, durch dessen Bau der Wasserspiegel hier deutlich sank und dadurch die einzigartigen Basalt-Säulen freigelegt wurden.
Walbeteiligung 98 Prozent: Auf zur Boots-Tour nach Húsavík
Zumindest offiziell ganz neu ist weiter westlich der erst 2020 offiziell eröffnete Demantshringurinn: der 260 Kilometer lange Diamond Circle, das nördliche Pendant zum Golden Circle, der Richtung Norden von der Ringstraße abzweigt. Landschaftlich grandios an dieser Route liegen der gewaltige Dettifoss-Wasserfall, die unwirklich anmutende Ásbyrgi-Schlucht und der Fischerort Húsavík, bekannt auch als die Hauptstadt des Whale-Watching, in der die lokalen Anbieter bei ihren Walfischschau-Touren eine Sichtquote von 98 bis gar 100 Prozent versprechen.
Zurück im Landesinneren empfiehlt sich noch ein Zwischenstopp am Mývatn, dem viertgrößten See in Island, einem von Vulkankratern und Spalten durchzogenen Naturparadies. Übersetzt bedeutet das Gewässer übrigens: Mückensee. Im Sommer macht der See seinem Namen dabei alle Ehre, aber keine Sorge, die Mücken stechen nicht.
Über den imposanten Godafoss, den Götterwasserfall, und Akureyri, die drittgrößte Stadt in Island, führt die Straße noch in die Nähe der Hraunfrossar, an dem mehr als 100 kleine Wasserfälle auf einer Breite von 700 Metern aus dem rund 1000 Jahre alten Lavafeld Hallmundarhraun in die Tiefe stürzen. Danach geht es wieder auf die letzte Strecke und in knapp zwei Stunden mit dem Auto zurück nach Reykjavik.
Ein Auto in Island mieten – Info:
Einen Mietwagen bucht man für seinen Island-Urlaub am bequemsten von zu Hause im Internet oder über einen Reiseveranstalter wie Katla Travel - die sogar Ferienhausrundreisen mit dem Mietwagen anbieten.
Mieten kann man ein Auto aber auch vor Ort am Flughafen oder in Reykjavík bei einem der großen Anbieter. Da die Ringstraße gut ausgebaut und asphaltiert ist, reicht im Sommer je nach Komfortwunsch ein ganz normales Auto ohne besondere Ausstattung. UrlauberInnen, die sich auch auf weniger guten Pisten gerne weiter ins Landesinnere wagen wollen, mieten sich am besten einen SUV oder ein geländetaugliches Auto, denn Fahren auf Hochlandpisten ist nur mit einem 4-wheel-drive erlaubt. Neben PKWs eignen sich aber auch Campervans und Wohnmobile für eine Rundreise, buchbar ähnlich den PKWs. Wildes Campen ist in Island allerdings kaum möglich, die Vorschriften sind streng. Am besten deshalb einen Stellplatz auf einem Campingplatz buchen.
Bilder: Thomas Linkel (8), Carina Pilz (4)