Am 10. Juli 2023, Ortszeit 16.40 Uhr, begann erneut eine spektakuläre Eruption im Gebiet zwischen den Bergen Keilir und Fagradalsfjall auf der Halbinsel Reykjanes im Südwesten von Island. Anfang August 2023 begann der Vulkanausbruch schließlich nachzulassen um schließlich ganz zu stoppen. Was passierte also am 10. Juli 2023?
Auf einer Länge von 900 Meter öffnete sich eine Erdspalte, und glühende Lava schoss in 30 Meter hohen Fontänen aus den Tiefen der Erde. Auf Live-Webcams konnte man den aktuellen Vulkanausbruch verfolgen. Nachdem die Wanderwege zu Beginn des neuen Vulkanausbruchs aus Sicherheitsgründen gesperrt wurden, sind sie jetzt wieder tagsüber geöffnet (update vom 9.8.2023). Erkundigt euch vor einer Wanderung zum Litli-Hrútur bei savetravel.is über den aktuellen Stand der Eruption und der Öffnung der Wanderwege, die sich kurzfristig ändern kann. Neben dem Litli-Hrútur gibt es aber noch viele andere Vulkane in Island.
Geo-WissenschaftlerInnen zählen ungefähr 200 Vulkane auf der Insel im Nordatlantik. Seit 2020 erfolgte jedes Jahr ein Ausbruch auf der Halbinsel Reykjanes, zum Teil dauerten die Eruptionen sogar monatelang. Aber auch der Rest des Landes ist vom Vulkanismus geprägt.
Islands Lage auf einem Hotspot
Unter einem Hotspot versteht man ein Gebiet mit besonders hoher Temperatur im Erdmantel. An diesen Stellen verzeichnet man an der Erdoberfläche eine erhöhte vulkanische Tätigkeit. Island ist, ebenso wie zum Beispiel Hawaii, ein solcher Hotspot.
Zusätzlich liegt die Insel auf dem Mittelatlantischen Rücken, einem 20.000 Kilometer langen, im Atlantik verlaufenden Gebirgszug, an dem die Eurasische und die Nordamerikanische Kontinentalplatten auseinanderdriften. Dieser Gebirgszug tritt in Island an die Oberfläche, besonders gut zu sehen ist das im Thingvellir Nationalpark.
Diese Plattentektonik sowie die Lage auf dem Hotspot sind die Ursache für die regelmäßigen Vulkanausbrüche und Erdbeben in Island. Sie sind auch der Grund für heiße Quellen und Springquellen wie dem Geysir Strokkur
Vulkane über Vulkane
Drei aktive Vulkanzonen, unter denen Magma in der Tiefe brodelt, verlaufen in Nord-Süd-Ausrichtung durch die Insel, für VulkanolgInnen ist Island damit der perfekte Forschungsort. Das Land beheimatet alle Arten von Vulkanen. Es gibt Spaltenvulkane, bei denen die Lava aus Spalten an die Erdoberfläche dringt.
Dazu gehört auch der aktuell ausbrechende Vulkan Litli-Hrútur zwischen Fagradalsfjall und Keilir. Außerdem gibt es in Island die Kategorie der Zentralvulkane, die über einen festen Förderschlot verfügen. Der Eyjafjallajökull ist der wohl bekannteste Zentralvulkan der Insel am Polarkreis.
Isländischer Vulkanausbruch legte Flugverkehr lahm
Der Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 und die damit verbundene, mehrere Kilometer hohe Aschewolke brachte den Flugverkehr über dem Atlantik für mehrere Tage zum Erliegen und NachrichtensprecherInnen auf der ganzen Welt wegen des schwer auszusprechenden Vulkan-Namens zum Verzweifeln. Wenn ihr im Süden von Island unterwegs seid, werdet ihr die von Gletschereis bedeckte Kappe des Vulkans sehen.
Zwischen Seljalandsfoss und Skógafoss gibt es ein Museum, das dem Vulkanausbruch gewidmet ist und direkt an der Ringstraße liegt. Ebenso spannend (auch für Kinder!) und informativ ist das ganz den Vulkanen Islands gewidmete Lava-Museum in Hvolsvöllur. Dort könnt ihr sogar erleben, wie sich ein Erdbeben anfühlt …
Berühmte Vulkanausbrüche
Neben dem Ausbruch des Eyjafjallajökull gibt es weitere Eruptionen, die besonders beeindruckend waren und deren Überbleibsel auch heute noch zu sehen sind.
Dazu zählt auch der Ausbruch der Eldgjá im südlichen Hochland. Die größte Eruptionsspalte der Welt brach zwischen 934 und 940 n. Chr. auf einer Länge von mindestens acht Kilometern auf und förderte Unmengen Lava.
Die Eldgjá („Feuerspalte“) erreicht ihr mit einem 4x4 Geländewagen über die Piste F208 entweder von Landmannalaugar aus oder von Süden kommend ab der Ringstraße. Rund um die Eldgjá ist die Landschaft atemberaubend. Hügelketten reihen sich an Hügelketten, die Piste schlängelt sich durch schmale Flusstäler auf Anhöhen.
Grandiose Urlandschaft im südlichen Hochland
Immer wieder will man stehen bleiben, um die Urlandschaft zu fotografieren, immer wieder kann man die Farbenvielvielfalt, die einen umgibt, kaum glauben.
Bäche plätschern über knallrotes Gestein, um ein paar Meter weiter durch dichtes, grünes Moospolster zu glucksen. Riesige Felsbrocken hängen an grau-gelben Bergwänden, nur gehalten von Schutt und Geröllmassen. Nirgends ein Strauch oder ein Baum, die Landschaft ist vollkommen kahl. und wenn ein Dino um die Ecke böge, würde es einen kaum wundern.
Vor der Eldgjá selbst stellt man den Jeep ab, um in die Schlucht hineinzuwandern. Etwa 600 Meter tief und 150 Meter breit ist die Eldgjá an dieser Stelle, eine wahrlich imposante Schlucht, in der häufig dunkle Wolken hängen.
In der Spalte strömt der Fluss Norðari-Ófará, an dessen Ufer sich der Wanderweg entlangschlängelt, bis nach etwa vier Kilometern der Wasserfall Ófaerufoss auftaucht. Links führt der Weg hinauf zu einer Plattform mit atemberaubender Sicht auf den Wasserfall und die Eruptionsspalte.
Superlativ in Südisland: Lakí-Kraterreihe
Etwa 20 Kilometer Luftlinie von der Eldgjá entfernt liegen die Lakí-Krater, Teil des Vatnajökull-Nationalparks und weltweit einzigartig. Ebenso wie die Eldgjá erreicht man die Lakí-Krater über eine nur für 4x4 Geländewagen geeignete Piste (F206) von der Ringstraße aus.
Die „Lakagígar“ sind 130 Vulkankrater, aus denen im Jahr 1783 acht Monate lang Magma aus dem Erdinneren an die Oberfläche geschleudert wurde. Bis zu 1.000 Meter hohe Lavasäulen schossen in die Luft, glühende Lava floss in das 100 Meter tiefe Tal des Flusses Skaftá und füllte es auf einer Länge von 27 Kilometern vollständig aus.
Laut Augenzeugenberichten soll dieser höllische Lavastrom 45 Tage angehalten haben. Die von diesem Ausbruch stammende Lava bedeckt noch heute 600 Quadratkilometer in Südisland. Die Ringstraße verläuft auf einigen Kilometern durch dieses Lavafeld, das den Namen Eldhraun trägt.
Die Auswirkungen des "Skaftá-Feuers"
In Island starben aufgrund dieser Naturkatastrophe und der dabei ausgestoßenen Vulkanasche große Teile der Vieherden und in der Folge ein Viertel der isländischen Bevölkerung. Auch in Großbritannien und Westeuropa führte der starke Ascheeintrag in die Atmosphäre zu Ernteausfällen und weitreichenden Hungersnöten.
Wenn ihr heute die Lakgígar besucht, werdet ihr von der rauen Schönheit der Landschaft beeindruckt sein. Es gibt Wanderwege, die zwischen den Kratern und zum Teil auf sie hinauf führen, manche von ihnen sind mit Wasser gefüllt, dicke Moospolster wechseln mit blutrotem Gestein, auf weiten Aschefeldern tanzen Sandteufel.
Typisch Island: Subglaziale Vulkane
Diese besonderen Vulkane liegen unter Gletschern und können bei Ausbrüchen verheerende Überschwemmungen hervorrufen. Bekannte isländische Vertreter dieser Vulkanform sind der bereits oben erwähnte Eyjafjallajökull, Grímsvötn (letzter Ausbruch 2011), Katla (letzter Ausbruch 1918) und die Herdubreid im nördlichen Hochland.
Die Gefahren subglazialer Vulkane
Steigt Magma aus dem Erdinneren an die Oberfläche, beginnt das darüber liegende Gletschereis zu schmelzen. Meist läuft das Schmelzwasser zunächst in Eiskavernen zusammen, bevor der zunehmende Wasserdruck den Eisschild anhebt und das Gletscherwasser unter dem Eis hervorschießt.
Diese Ereignisse werden Gletscherläufe, auf Isländisch Jökulhlaup, genannt und reißen riesige Eis- und Felsbrocken mit sich. An der Ringstraße kurz vor dem Nationalpark Skaftafell liegen verbogene Stahlelemente im Sand, Reste der längsten Brücke Islands, die beim Gletscherlauf im Jahr 1996 vollständig von im Schmelzwasser treibenden Eisbergen zerstört wurde.
Islands berühmtester Tafelberg
Die Herdubreid im nordöstlichen Hochland überragt die sie umgebende Lavawüste Ódádahraun um 1.000 Meter.
Tafelberge entstehen durch Vulkanausbrüche unter einem dicken Eisschild, die Form der erloschenen Herdubreid ist beinahe symetrisch, der Gipfelbereich von Schnee bedeckt. Die majestätische Erscheinungsform hat dem Vulkan den Namen „Königin der isländischen Berge“ eingebracht. Wenn ihr im nordöstlichen Island unterwegs seid, werdet ihr die Herdubreid immer wieder am Horizont aufragen sehen.
Islands Vulkane: Der mystische Snaefellsjökull
Bei gutem Wetter seht ihr diesen mächtigen, 1.446 Meter hohen Stratovulkan schon auf der Fahrt vom Flughafen Keflavík in die isländische Hauptstadt Reykajvík. Auf dem Vulkan befindet sich noch ein kleiner, gleichnamiger Gletscher, der allerdings vom Klimawandel in absehbarer Zeit zum Schneefeld degradiert werden wird. Der Berg liegt am westlichen Ende der Snaefellsnes Halbinsel und ist Teil des Snæfellsjökull Nationalparks
Der Vulkan hat sich im Laufe der vergangenen 800.000 Jahre durch zahlreiche Ausbrüche gebildet und gilt unter MystikerInnen als eines der sieben Energiezentren der Erde.
Vulkan als Romanvorlage
Auch das hat Jules Verne in seinem Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ dazu bewogen, den Snaefellsjökull als Eingang zu ebendiesem Mittelpunkt zu machen. Die Landschaft rund um den Vulkan ist einzigartig, an den Küsten brüten unzählige Seevögel, weite Lavafelder bedecken die Flanken des Berges.
Entdecken könnt ihr das geschützte Gebiet auf einem Netz aus Wanderwegen, geführte Touren führen bis zum Gipfel des Vulkans Snaefellsjökull. Am Fuß des imposanten Giganten könnt ihr übrigens in tollen Ferienhäusern übernachten, Vulkanblick inklusive.
Die vulkanisch geprägte Region des Mývatn
Wollt ihr ganz unterschiedliche, vulkanisch geprägte Landschaften auf kleinem Raum entdecken, dann ist die Region rund um den See Mývatn im Norden von Island genau die richtige Wahl. Nehmt euch doch ein Ferienhaus in der Nähe und geht anschließend auf Erkundungstour.
An den Ausläufern des Vulkans Krafla, dessen letzten Ausbrüche von 1975-1984 dauerten, wurden Wanderwege angelegt, um einfach und auf sicherem Terrain zu mit Wasser gefüllten Vulkankratern, dampfenden Lavafeldern und den von Spalten durchzogenen, rauen Hängen eines weiteren Vulkans, dem Leirhnjúkur, zu gelangen.
Nur wenige Kilometer entfernt haben die Isländer in den Vulkan Krafla gebohrt und treiben mit dem heißen Dampf aus der Tiefe zwei Turbinen zur Stromerzeugung an.
Hochthermalgebiet mit brodelnder Erde
Ebenfalls um die Ecke entfernt brodelt das Hochthermalgebiet am Berg Námafjall. Über dem Gebiet liegt ein übler Geruch von faulen Eier, aber dafür sind die Solfatare, kochenden Schlammtöpfe und zischenden Fumarolen so beeindruckend wie sonst nirgendwo auf der Insel.
An der Nordseite des Mývatn könnt ihr bei Skútustadir zwischen Pseudokratern und grasenden Schafen wandern. Diese Explosions-Krater entstanden, als sich vor etwa 2.000 Jahren glühend heiße Lava bei einem Vulkanausbruch in die Uferzone und den angrenzenden See ausbreitete und sich dadurch Explosionen ereigneten.
Bizarre Lavaformationen am See
Besuchswert sind auch die Lavaformationen Dimmuborgir und der Ringkrater Hverfjall. Die Dimmuborgir entstanden, als aus den Lúdentspalten Magma nach oben drückte, auf Grundwasser trat, sich aufstaute und in Teilen erstarrte.
Hverfjall, der größte Ringkrater der Welt, verdankt seine Entstehung mehreren Wasserdampfexplosionen bei einer ganzen Reihe von Ausbrüchen vor etwa 2.500 Jahren. Auch auf den Hverfjall könnt ihr hinaufsteigen und ihn auf der Kraterkrone umrunden. Die Tour ist mehr als vier Kilometer lang, das verdeutlicht das Ausmaß dieser eindrucksvollen Landschaftsform.
Kaum ein Land auf der Welt ist so stark von Vulkanen geprägt wie Island. Auf einer Rundreise werdet ihr regelmäßig an aktiven und erloschenen Vulkanen vorbeikommen. Ihr werdet atemberaubende Landschaften sehen, schwarze Lavawüsten durchqueren, an tiefblauen Kraterseen stehen und imposante Tafelberge anstaunen. Islands Vulkane sorgen dafür, dass ihr diese Eindrücke nie vergessen werdet.
Fotos: Thomas Linkel (15), unsplash: Tetiana Grypachevska, Laila Gebhard, Paul Taton, Ruedi Haberli, Jane Sakharova, Eriks Cistovs, Marc Szeglat, Toby Elliott (2), flickr: Anthony Quintao (3), Jeff Souville, pinterest: Ulrich Latzenhofer