In Island zu frieren ist keine Option. Wer zu bibbern beginnt, der sollte schnellstmöglich eines der in jedem Ort befindlichen Schwimmbäder besuchen, einen heißen Bach aufsuchen, eines der auch architektonisch außergewöhnlichen Spas buchen oder in den Hot Pot des eigenen Ferienhauses tauchen. Aber woher kommt all das heiße Wasser?
Typisch Island: Vulkanausbrüche und Fumarolen
Island liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, an dem die eurasische und nordamerikanische Kontinentalplatte aneinanderstoßen.
. In der Folge dringt aus dem Erdinnern Magma in die Nähe der Erdoberfläche, Erdbeben und Vulkanausbrüche kommen vermehrt vor. Ganz vereinfacht ausgedrückt kann das nach oben dringende Magma aber auch Grundwasser erwärmen, das entweder als Dampf austritt und sogenannte Fumarolen bildet oder als Geysir regelmäßig springt.
Das heiße Grundwasser kann aber genauso gut als Quelle eines Baches fungieren, und dann wird es zum Schwimmen und Baden interessant. Einer der berühmtesten Thermalquellen liegt im südlichen Hochland, in Landmannalaugar.
Der heiße Bach von Landmannalaugar
Der Name Landmannalaugar stammt von einer heißen Quelle, die unter dem Lavafeld von Laugahraun entspringt. Das Wissen um diese heiße Quelle wurde über Jahrhunderte weitergegeben, Landmannalaugar diente Reisenden, die die Berge überquerten, oder Bauern, die Schafe im Herbst zurück in die Täler trieben, als Rastplatz.
Heute befinden sich dort neben der Thermalquelle auch ein großer Campingplatz und Berghütten zum Übernachten. Landmannalaugar ist außerdem berühmt für die vom Vulkanismus geprägte, farbenprächtige Bergwelt. Ein gutes Wanderwegnetz erschließt die Gegend.
Natürlicher Hot Pot
DAS Highlight für viele Reisende ist aber der warme Bach direkt unterhalb des dick mit Moos bewachsenen Lavafelds.
Wer also nach einer Wanderung auf Bláhnúkur oder Brennisteinsalda den müden Körper entspannen will, der taucht bis zur Nasenspitze in das warme Thermalwasser und blickt über Wollgras auf die bunten Berge von Landmannalaugar. Wem Camping und Hüttenübernachtungen zu rustikal sind, der mietet sich ein Ferienhaus in der Nähe.
Wanderung ins Reykjadalur
Ebenfalls im Süden von Island und an der Ringstraße gelegen ist der Ausgangspunkt zu dieser einfachen Wanderung. Vom Parkplatz hinter dem Ort Hveragerdi führt ein gut beschilderter und optimal präparierter Weg in das Tal.
Nach ein paar Minuten tauchen die ersten dampfenden heißen Quellen an den Talhängen auf, etwas später stürzt ein Wasserfall fotogen in die Tiefe.
Auf Holzbohlen durch Schwefeldampf
Weiter hinten im Reykjadalur überquert man den Bach auf Holzbrücken und erreicht schließlich die Badestellen im Bach.
Es riecht nach Schwefel. Wanderstiefel, Beutel mit Handtüchern und Klamotten liegen auf den Holzbohlen am Bach, und daneben liegen Menschen aus der ganzen Welt genussvoll im warmen Wasser. Dieser Bach ist auch im Winter zu erreichen, allerdings können die Holzbohlen dann sehr eisig und rutschig sein.
Ganz in der Nähe gibt es Ferienhäuser, und von dort aus könnt ihr die Südküste weiter erkunden.
Grettislaug. Hot Pot von Sagaheld Grettir
Dass Thermalwasser in Island seit Jahrhunderten geschätzt wird, liegt auf der Hand. Einer der berühmtesten isländischen Sagahelden ist Grettir Ásmundarson, und auch er liebte heiße Quellen...
Ein Held wie aus dem Bilderbuch
Grettir lebte im 10. Jahrhundert, war stark, furchtlos, aber auch streitlustig.
Es heißt, er habe den bösen Geist Glámur besiegt, der ihn aber gleichzeitig zu einem unglücklichen Leben außerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft verdammt habe. Grettir lebte daraufhin auf der Insel Drangey im Skagafjördur, im Norden von Island.
Bei einem seiner heimlichen Ausflüge aufs Festland, Grettir kraulte die zehn Kilometer von der Insel zur Küste, wärmte er sich einer Thermalquelle auf.
Dort, wo Grettir sich vom Schwimmausflug entspannte, strecken heute Reisende ihre müden Körper im heißen Wasser aus.
Zwischen Meer und Hot Pot liegt nur eine Steinmauer
Der Hot Pot Grettislaug ist vom Meer durch eine hohe Steinmauer getrennt und liegt am Ende der Straße 748. Um dem Ansturm Herr zu werden, errichtete der Landwirt, auf dessen Grund sich die heißen Quellen befinden, zusätzlich zum Grettislaug den Hot Pot Jarlslaug. Von den heißen Pötten hat man einen herrlichen Blick auf die Fjordhänge. Wagemutige kühlen sich zwischen den Hot Pot -Gängen im Meer ab. Es ist ein geringer Eintritt zu bezahlen.
Hot Pots von Hauganes
Wer bei Akureyri von der Ringstraße auf die Straße 82 nach Norden abbiegt, erreicht nach wenigen Kilometern die Abzweigung nach Hauganes.
In diesem winzigen Ort am Meer kann man nicht nur auf Whale Watching-Tour gehen, sondern auch in Hot Pots steigen.
Sandstrand und Kinderbadeparadies
Der schwarze Sandstrand Sandvíkurfjara wurde von Einheimischen in den Sommermonaten schon viele Jahre als Bademöglichkeit genutzt. Der Strand fällt sehr flach in den Eyjafjördur ab und liegt ungewöhnlicherweise nach Süden ausgerichtet. Kinder können gefahrlos im Meer planschen, an warmen Tagen wärmt sich das Meer in Ufernähe durch den schwarzen Sandboden sogar etwas auf.
Vor einigen Jahren wurden neben dem Campingplatz Hot Pots an den Strand gebaut.
Im Boot Thermalwasser genießen
Besonders schön und sehr fotogen ist natürlich der Hot Pot in Bootsform.
Aber auch von den anderen heißen Pötten hat man einen fantastischen Blick auf den Eyjafjördur mit seinen weiten, zum Teil von Birken und Weiden bewachsenen Hängen.
Der Eintritt ist in der Baccalá-Bar zu bezahlen, wer hungrig ist, der bleibt dort im umgebauten, ehemaligen Kühlhaus und speist den auf traditionelle Weise hergestellten Bacalao.
Laugarnes – kleiner als dieses Bad geht kaum
Wer sich auf den Weg in die Westfjorde macht, der kommt um einen Besuch des Schwimmbads Laugarnes nicht herum. Es ist ein winziges Bad, das von heißen Quellen gespeist wird und über einen Hot Pot unterhalb der Straße verfügt.
Wenn der Wind dunkle Regenwolken in den Breidafjördur treibt oder im Winter ein Schneesturm über die rauen Hänge der Westfjorde tobt, dann ist die schönste Zeit, um in dem kleinen Pool oder dem Hot Pot daneben die Hitze des Thermalwassers zu genießen. Eintritt zu bezahlen.
Reykjarfjördur – noch ein Hot Pot am Fjord
Etwas größer als in Laugarnes ist der Pool in Reykjadalur mit seinem schön warmen Thermalwasser. Wie viele Schwimmbäder in den Westfjorden hat dieser Pool eine hervorragende Lage am Meer, genauer gesagt am Reykjarfjördur.
Zusätzlich zum Pool mit heißem Wasser gibt es einen natürlichen Hot Pot etwas oberhalb des Schwimmbads. Zwar ohne Aussicht, aber trotzdem wahnsinnig gemütlich und vor allem sehr urig. Der Hot Pot und das Schwimmbad von Reykjarfjördur liegen direkt neben der Straße 63 zwischen Bildudalur und dem Wasserfall Dynjandifoss.
Hveravellir – wo Gesetzlose badeten
Wer das Hochland durchqueren will, dem stehen drei Nord-Süd-Verbindungen offen, diese Pisten heißen Kaldidalur, Kjölur und Sprengisandur.Allerdings sind sie nur in den Sommermonaten von Mitte /Ende Juni bis September befahrbar, die übrige Zeit ist das Hochland für den Verkehr gesperrt.
Meterhoher Schnee bedeckt dann den größten Teil des Gebiets, Pisten verschwinden unter Weiß oder werden zur Schneeschmelze zu schlammigen Furchen. In den Sommermonaten gibt es jedoch kaum Eindrucksvolleres zu sehen und zu erleben als das isländische Hochland.
Über Schlaglöcher zum Hochland-Highlight
Wer die Kjölur fährt - und trotz regelmäßiger Pistenausbesserungen, sollte man mit längeren Schlaglochpassagen rechnen -, dem begegnet etwa auf halber Strecke zwischen Nord und Süd das Thermalgebiet Hveravellir. Dort gibt es einen Campingplatz sowie Hütten, in denen man übernachten kann. Aber nicht nur das, in Hveravellir zischt und dampft die Erde in einem Hochthermalareal, aus dem sich wiederum ein wunderschöner Hot Pot speist.
Wir empfehlen euch also auf jeden Fall einen etwas längeren Stopp. Rund um die Hütten sind Wanderwege angelegt, die euch an zischenden Fumarolen und beeindruckenden Sinterterrassen vorbeiführen. Bevor ihr euch aber im Hot Pot in das warme Wasser legt, solltet ihr euch Eyvindarhellir (Eyvindur-Höhle) und Eyvindarrétt (Eyvindur-Schafpferch) ansehen.
Survival-Profis des 18. Jahrhunderts
Niemand Geringeres als Islands berühmtester Geächteter Fjalla-Eyvindur und seine Frau Halla lebten dort für zwei Jahrzehnte rund um das Jahr 1760.
Den beiden kam beim Überleben natürlich das heiße Wasser zugute, das in Hvervellir in großen Mengen an die Erdoberfläche tritt. Allerdings solltet ihr euch vor Augen führen, dass das Gebiet rund um Hveravellir 6-8 Monate von Schnee und Eis bedeckt ist.
Baden mit Aussicht
Halla und Fjalla-Eyvindur müssen also wahre Überlebenskünstler gewesen sein. Heute würden sie wohl als Survival-SpezialistInnen firmieren.
Mit diesem Wissen macht es noch mehr Spaß, nach einer Wanderung in den Hot Pot zu steigen, die grandiose Hochlandlandschaft zu genießen und glücklich darüber zu sein, dass man anschließend im gut gefederten Geländewagen, möglicherweise sogar mit Sitzheizung, wieder Richtung Zivilisation unterwegs sein wird.
Fazit
Heißes Wasser ist in Island allgegenwärtig. Überall dort, wo Orte mit Namensbestandteilen wie „hver“, „laug“ oder „reykur“ auftauchen, kommt Thermalwasser aus dem Untergrund an die Erdoberfläche. Dieses wird zum Heizen von Häusern oder Gewächshäusern genutzt, steht aber auch in Zusammenhang mit Fumarolen und kochenden Schlammtöpfen.
Ein besonders angenehmer Nebenaspekt sind Schwimmbäder und Hot Pots, die mit dem Thermalwasser aus der Tiefe gespeist werden. Diese heißen Pötte können öffentlich zugänglich sein oder sie stehen auf Terrassen und in Gärten von Ferienhäusern. Wer regelmäßig bis zur Nase in warmem Wasser in freier Natur baden will, der sollte das bei der Suche nach einer Unterkunft beachten.
Fotos: Thomas Linkel (9), Carina Pilz, Visit North Iceland (3), Visit Westfjords(4), unsplash: Karsten Winegeart, Olena Shmahalo, Michal Parzuchowski, Francesco Tortoli, Davide Cantelli