Island zur Weihnachtszeit
Weihnachten in Island feiern, das bedeutet: Viel und gut essen, Zeit mit der Familie und Freunden verbringen, viel Schnee und gute Chancen auf ganz besondere Himmelsspektakel. Schon im Vorfeld der Festtage erhöhen unter anderem die 13 Weihnachtsmänner und die alljährliche „Bücherflut“ die Vorfreude auf diese unvergleichlich stimmungsvollen Tage.
Den ganzen Tag schon hat es geschneit und gestürmt, aber jetzt, am frühen Abend, ist es rund um das Haus stiller geworden, es hat doch noch aufgeklart. Statt des Pfeifens des Windes sind nun Kirchturmglocken aus dem Radio zu hören, aus der Küche wabern köstliche Gerüche.
Und dann, beim kurzen Blick aus dem Fenster, sieht man es, das erhoffte Schauspiel, das sich nun, über den mit Schnee bedeckten Hügeln, in grün-violetten Schleiern am Himmel zeigt: Die Nordlichter sind da!
So oder so ähnlich könnte es aussehen, wenn Sie Weihnachten in Island feiern! Klingt gut? Dann beginnen wir von vorne …
Die wilde 13: Islands Weihnachtsmänner
Weihnachten in Island beginnt offiziell in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember. Dann nämlich kommt der erste der 13 Weihnachtsmänner aus dem Hochland, wo er mit seinen 12 Brüdern und seiner Mutter, der bösen, alte Trollfrau Grýla [gesprochen: Griela], wohnt.
Und ja, Sie haben richtig gehört: Es sind 13 Weihnachtsmänner, nicht nur einer wie in Deutschland, wobei man fairerweise ergänzen muss, dass es sich bei den 13 „Jólasveinar“ (zu dt. Weihnachtsgesellen) eigentlich um Trolle handelt – und davon gibt es in Island ja nun doch sehr viele mehr als in den meisten anderen Ländern. Und irgendwie müssen die ja auch alle beschäftigt werden.
Der Troll, der aus der Kälte kam
Den Anfang der wilden 13 macht ein Weihnachtsgeselle namens „Stekkjastaur“, was übersetzt so viel wie „Pferchposten“ heißt. Und da sich die Namen der isländischen Weihnachtsmänner von ihrer Lieblingsspeise ableiten, überrascht es nicht, dass er der Legende nach gerne die Milch von Mutterschafen aus dem Stall stiehlt. Stekkjastaur kommt also aus dem Hochland in eine Menschensiedlung, steckt eine Süßigkeit oder ein Spielzeug in einen Schuh oder eine Mandarine in eine Socke – und zieht weiter zur nächsten Siedlung.
Troll-Alarm bis Weihnachten
In der Nacht darauf kommt Giljagaur, danach Stúfur, und dann folgen noch zehn weitere Gesellen, bis sich zuletzt in der Nacht zum 24. Dezember Kertasníkir, der „Kerzenschnorrer“, mit einem kleinen Geschenk aus den Bergen aufmacht.
Bis zum 6. Januar ziehen die Jólasveinar dann nacheinander wieder zurück in das Hochland. Wer die Weihnachtsmänner im Einzelnen sind und was sie jeweils ausmacht, haben wir in einem eigenen Beitrag zusammengefasst.
Geschenk aus der „Bücherflut“?
Während die 13 Weihnachtsmänner in den Nächten fleißig ein kleines Präsent nach dem anderen bringen, kümmern sich die Isländerinnen und Isländer natürlich auch selbst um die Geschenke, die sie ihren Liebsten an Heiligabend unter den Baum legen wollen.
Immer eine gute Idee sind dabei Bücher – und damit man bei der Lektüre-Auswahl nicht überfordert ist, gibt es eine helfende Tradition, die in Island seit 78 Jahren existiert: die Jólabókaflódid, die „Bücherflut“.
78 Jahre Büchertipps zu Weihnachten
Im Jahr 1944, zum Zeitpunkt der ersten Jólabókaflódid, war Papier einer der wenigen Rohstoffe, die nicht rationiert waren – also schenkten sich die Isländer zu Weihnachten vor allem Bücher. Das ist bis heute so.
Und damit sie in der „Flut“ der Neuerscheinungen (die meisten gibt es in Island im Oktober und November) nicht den Überblick verlieren, schmökern die IsländerInnen gern im alljährlich während der Buchmesse in Reykjavik erscheinenden Katalog „Bókatídindi”. Dieser wird Mitte November allen Haushalten kostenlos zugeschickt und enthält Buchtipps für Jung und Alt.
Weihnachten in Island: Ganz viel Bücher schenken und lesen!
Jólabókaflód ist also, genau genommen, der alljährliche Zyklus vom Erscheinen der vielen neuen Bücher ab Oktober bis zum Zeitpunkt des Lesens. Meistens wird die neue Lektüre gleich am Heiligabend oder am 1. Weihnachtsfeiertag genossen – gerne gemütlich angezogen und mit heißer Schokolade oder einem alkoholfreien Weihnachtsbier namens Jólabland.
Ein Brot aus Laub: Laufabraud backen
Nach Büchern stöbern ist aber nur eine beliebte Sache während der Vorweihnachszeit: Wenn die Tage kurz werden, die Temperaturen sinken und die Winterstürme um die Häuser brausen, treffen sich in Island viele Familien, um zusammen Laufabraud zu backen.
Übersetzt bedeutet das „Laubbrot“ oder „Blattbrot“ und ist – auch wenn der Name das suggeriert – keine Herbst-Tradition. Vielmehr gehört es in Island zu Weihnachten wie hierzulande Lebkuchen, Zimtsterne und Vanillekipferl.
Selbst gemacht oder gekauft - immer lecker
Laufabraud ist ein reich verziertes Fladenbrot, sehr knusprig und dünn, und wirkt nach dem Ausbraten in heißem Fett tatsächlich so zart und fragil wie ein trockenes Laubblatt.
Laufabraud stammt aus dem Norden Islands, hat sich mittlerweile jedoch auf der ganzen Insel durchgesetzt und ist als fertiges Produkt in fast jedem Supermarkt zu kaufen.
Weihnachten in Island: Feierlich essen
Wenn der letzte Weihnachtsmann seine kleine Gabe gebracht hat, die Geschenke besorgt sind und das Essen vorbereitet ist, kann der Heiligabend kommen – und der ist in Island für sehr viele eine festliche Angelegenheit.
Um 18 Uhr läuten die Kirchenglocken im Radio, sodass alle, die nicht im Gottesdienst sind, trotzdem von zu Hause aus mithören können. Wer will, zieht sich schick an, und dann wird auch schon feierlich gespeist. Das Essen an Weihachten ist gerne fleischlastig, das kann ein geräucherter Schweinerücken sein, Fisch oder ein Alpenschneehuhn. Am 25.12. gibt es oft noch Hangikjot, das traditionelle geräucherte Lammfleisch.
Selbstverständlich geht es auch ein wenig leichter: Wie wäre es zum Beispiel mit dem Rezept für Kartoffelwaffeln mit geräuchertem Lachs, das auch vorzüglich zu Weihnachten in Island passt.
Möndlugratur: Mehr Glück mit Mandel
Was an Weihnachten in fast allen isländischen Haushalten serviert wird, ist ein „Möndlugratur“, ein isländischer „Ris à la mande“, in dem sich eine ganze Mandel versteckt.
. Die oder der Glückliche, die/der die Mandel auf seinem Teller findet, bekommt ein extra Geschenk, das „Möndlugjöf“ oder „das Mandelgeschenk“. Wer Lust hat, Möndlugratur nachzukochen, lädt sich einfach das Rezept herunter.
Was für eine Bescherung
In Island folgt die Bescherung meistens nach dem Essen. Anschließend werden die neuen Geschenke gleich eingesetzt, es wird gelesen, zusammengesessen, geredet, getrunken. Manche Familien tanzen und singen im Laufe des Abends um den Weihnachtsbaum.
Viele isländische Weihnachtslieder handeln z.B. von den Vorbereitungen für das Fest, wie man das Haus auf Vordermann bringt und putzt, das Essen zubereitet und sich selbst für den Abend schick macht. Andere erzählen von den Weihnachtsmännern oder ihrer Mutter Grýla. Ein absoluter Klassiker wie bei uns in Deutschland: „Heims um ból“ – “Stille Nacht”.
Magische Zeit: Der Winter in Island
Weihnachten inmitten der mit Schnee bedeckten isländischen Landschaft feiern, ist ein unvergessliches Erlebnis. Aber es gibt noch viele andere Gründe, Island in den Wintermonaten zu besuchen: So kann man ab Dezember zum Beispiel eine Eishöhle oder einen gefrorenen Wasserfall besuchen und dieses einmalige Event ergänzen mit einer Gletscherwanderung oder einer Schneemobil-Ausfahrt.
Die Chancen, Nordlichter zu sehen (und zu fotografieren), sind zu keiner anderen Jahreszeit besser, und niemals ist es angenehmer, in einer heißen Quelle zu baden als jetzt. Mehr über das stimmungsvolle Winterreiseziel Island haben wir euch in einem eigenen Blogbeitrag zusammengestellt.
Noch ein Grund zum Feiern: Silvester
Ein weiteres Highlight im isländischen Winter ist Silvester, das auf der Insel ausführlich zelebriert wird. Mit bombastischen Feuerwerken, die einem guten Zweck dienen (der Erlös aus dem Raketen-Verkauf fließt an die ICE-SAR, die Icelandic Search And Rescue Association), einer legendären Fernsehsendung, die ein wahrer Straßenfeger ist, und zahllosen fröhlichen Partys. Toll ist auch eine Mitternachts-Bootstour in Reykjavík, bei der sich die unvergleichliche Pyro-Show über den Dächern der Hauptstadt vom Wasser aus beobachten lässt.
Weihnachten in Island feiern: Am besten gemütlich im Ferienhaus
Man kann Heiligabend und später den Jahreswechsel in Island aber auch ruhiger feiern, ohne große Party, ohne zu viele Geschenke, ohne opulent zu kochen und zu essen.
Man kann auch einfach gemütlich im Ferienhaus bleiben, im eigenen Hotpot liegen und den Himmel nach Nordlichterns statt nach Feuerwerken absuchen, die mit Schnee bedeckte Landschaft genießen und sich richtig erholen. Für uns eindeutig die schönste Art, Weihnachten in Island zu feiern!
Fotos: Thomas Linkel (4), Heidi Keller (2), unsplash: Astra Liu (2), Aiden Patrissi (2), Jonatan Pie (2), Andea Radu, Chad Madden, Nicolas J Leclerq, Yanshu Lee, Clay Banks