Ganz klassisch beginnt die Golden Circle-Route in Reykjavík. Wenn ihr wenig Zeit habt, dann könnt ihr von dort aus in einem Tagesausflug die je nach Routenführung ca. 250 Kilometer lange Strecke zurücklegen. Wir empfehlen euch, antizyklisch zu fahren, im Regelfall beginnen die geführten Bustouren am Morgen in Reykjavík, um als erstes Thingvellir, dann den Geysir und schließlich den Gullfoss zu besuchen.
Golden Circle gegen den Uhrzeiger
Fahrt doch besser zunächst in den Süden und somit den Golden Circle gegen den Uhrzeiger ab, das erspart euch größere Touristenbusladungen an den Highlights. Falls ihr einen perfekten Standort außerhalb von Reykjavík sucht, von dem aus ihr einen Tagesausflug zu den sehenswerten Spots im Süden unternehmen könnt, dann sucht euch am besten ein Ferienhaus in der Nähe von Selfoss oder nahe Laugarvatn.
Island pur: Los geht’s auf dem Golden Circle
Von Reykjavík aus nehmt ihr die Ringstraße 1 und erreicht nach der Überquerung der manchmal sehr windigen Hellisheidi den Ort Hveragerdi.
Dort könnt ihr in verschiedenen Cafés einkehren und euch stärken, denn anschließend solltet ihr eine Wanderung (ca. 6 km) zum heißen Bach im Tal Reykjadalur unternehmen. Nach einer Stunde auf einem einfachen Wanderweg seht ihr schon den Bach dampfen. Hier solltet ihr etwas tun, was bei keiner Reise nach Island fehlen sollte: Sucht euch ein lauschiges Plätzchen im heißen Nass, taucht bis zur Nasenspitze ein und lasst die Natur auf euch wirken.
Waldgebiet zum Spazieren
Anschließend folgt ihr wieder der Nr. 1 Richtung Süden. Bevor ihr die Stadt Selfoss erreicht, könntet ihr nach Norden abzweigen.
Im Waldgebiet Prastarlundur findet ihr kurze, gut gepflegte Wanderwege, auf denen ihr zwischen Tannen und Polarbirken am Fluss Sogid entlangspazieren könnt, im Restaurant lässt sich gut speisen, und für Kinder gibt es einen großen Spielplatz zum Toben.
Farbenprächtiger Krater Kerid
Von Prastarlundur ist es nur einen Katzensprung bis zur Kratergruppe Seydishólar. Bis vor Kurzem wurde die feuerrote Schlacke der Krater für den Straßenbau verwendet, deshalb könnt ihr in der Umgebung immer wieder in dunkles Blutrot getauchte Wege entdecken.
Den Krater Kerid könnt ihr gegen Bezahlung besuchen, in sein tiefes Rund bis zum blauen See hinuntersteigen und anschließend am oberen Rand umrunden. Die Farbkontraste aus grünen Moosen, rotem und schwarzem Gestein und dem Blau des Wassers sind beeindruckend.
Selfoss wartet
Fahrt nun zurück auf die Ringstraße, um nach Selfoss zu gelangen. Bummelt durch das lebendige Städtchen, in dessen Mitte eine Fußgängerzone zwischen alten, aber frisch sanierten Häusern eingerichtet wurde, trinkt einen Kaffee zwischen Büchern im Bókakaffid und deckt euch mit Picknickzutaten in einem der großen Supermärkte ein.
Wie wäre es mit einem Wasserfall?
Falls ihr auf eurem Tagesausflug früh genug unterwegs seid, dann besucht auf jeden Fall noch den Wasserfall Seljalandsfoss und wandert - einmalig in Island - hinter (!) seinen Wasserschleier, bevor ihr euch zum Beispiel über die Straße 30 nach Norden aufmacht. Der Fall liegt etwa eine Autostunde von Selfoss entfernt.
Wenn ihr aber Interesse an Vulkanen habt, dann schaut auf eurem Weg unbedingt im Museum „Lava Centre“ in Hvollsvöllur vorbei, erlebt ein Erdbeben hautnah und besucht die mit moderner, multimedialer Technik aufbereitete Ausstellung.
Islandpferde, weites Land und die Hekla
Vom Wasserfall aus dreht ihr um und fahrt die Ringstraße bis zur Abzweigung der Landstraße 26, dieser folgt ihr nach Norden. Euer Weg führt durch weites Farmland, im Osten könnt ihr den Vulkan Hekla sehen, immer wieder werdet ihr verstreute Bauernhöfe und Islandpferde passieren.
Je nördlicher ihr kommt, desto einsamer wird die Umgebung. Würdet ihr einfach immer weiterfahren, würde die Straße 26 zur Hochlandpiste F26 werden. Diese Piste führt durch die Hochlandwüste Sprengisandur. Mehr Infos zum Hochland findet ihr hier.
Torfgehöft und Wasserfall
Auf eurem Tagesausflug auf dem Golden Circle solltet ihr aber die Abzweigung 32 nehmen und erreicht dann bald den Museumshof Thjódveldisbaer. Hier könnt ihr in die Lebensweise der IsländerInnen vor 1.000 Jahren eintauchen, als ganze Großfamilien inklusive Tiere unter einem Dach wohnten. Nicht weit entfernt befinden sich die Ausgrabungsstätte Stöng und der Wasserfall Hjálparfoss.
Durch das Tal der Thjórsá
Die Straße führt nun durch das weite Tal der Thjórsá, dem längsten Fluss von Island.
An den Berghängen nördlich von euch seht ihr große Waldgebiete, die auf intensiver Wiederaufforstung der vergangenen Jahrzehnte beruhen. Die Thjórsá verzweigt sich, bildet Inseln, auf denen Schafe grasen, mäandert durch weites, fruchtbares Land.
Machtzentrum von Island
An der Abzweigung auf die 30 haltet ihr euch links und biegt kurz danach auf die Landstraße 31 ab. Bald liegt nun der ehemalige Bischofssitz Skálholt mit der prächtigen Kirche auf eurer Route. Wenn ihr Glück habt, dann probt gerade ein Chor oder eine Organistin in dem lichtdurchfluteten Sakralbau, außerdem könnt ihr im Kirchencafé eine Kleinigkeit essen.
Für die Geschichte von Island hat Skálholt eine beinahe ebenso große Bedeutung wie der Nationalpark Thingvellir, denn im Bischofssitz konzentrierten sich über sieben Jahrhunderte Bildung und Macht des ganzen Landes.
Typisch Island: Speisen im Gewächshaus
Richtung Norden verlasst ihr den Ort auf der Straße 35, fahrt an den heißen Quellen und den Gewächshäusern des Dorfes Reykholt vorbei. Vielleicht kauft ihr noch schnell frisches Gemüse in der Tomatenfarm Fridheimar oder stärkt euch mit einer Tomatensuppe im Hofrestaurant, das inmitten eines der Gewächshäuser liegt.
Lust auf heißes Wasser am Golden Circle?
Von Reykholt aus könnt ihr zum Dorf Flúdir fahren und in den warmen Wassern der „Secret Lagoon“ einen Zwischenstopp einlegen. Die Umgebung von Flúdir ist sehr fruchtbar, außerdem nutzt der Ort, wie so viele andere in Island, heiße Quellen, um verschiedene Gewächshäuser zu beheizen.
Mitten durch das Dorf fließt die Litla-Laxá, am südwestlichen Dorfrand führt ein einfacher Wanderweg auf den Berg Miðfell. Auf dem Bergrücken liegt ein See, an dem es sich gut picknicken lässt, und vom Gipfel aus habt ihr einen fantastischen Blick auf die Gegend.
Highlight in Island: Der Wasserfall Gullfoss
Wenn ihr euch nun auf eurer Route nach Norden wendet, erreicht ihr schon bald einen der schönsten Wasserfälle von Island, aber definitiv den beeindruckendsten am Golden Circle: den Gullfoss. Je nach Lichteinfall und Windrichtung überspannen manchmal sogar mehrere Regenbogen diesen gewaltigen Fall, daher auch der Name „Goldener Wasserfall“.
In zwei Stufen über harten Basaltlagen stürzt das Wasser insgesamt 32 Meter tief in den Canyon Hvítárgljúfur und strömt in dieser 2,5 Kilometer langen und 70 Meter tiefen Schlucht brodelnd und tosend Richtung Meer. Im Durchschnitt fallen etwa 109 Kubikmeter Wasser pro Sekunde über verschiedene Kaskaden den Gullfoss hinunter. Im Frühjahr zur Schneeschmelze können bis zu 200 Kubikmeter erreicht werden, dann verschwinden die charakteristischen Basaltblöcke vor der zweiten Fallstufe vollständig unter Wasser.
Eine Frau rettet den Wasserfall
Die Tatsache, dass es den Gullfoss überhaupt noch gibt, ist einer mutigen Frau zu verdanken: Sigridur Tómasdóttir vom Bauernhof Brattholt. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte das Gebiet um den der Wasserfall teilweise Sigridurs Familie. Die isländische Regierung wollte den Gullfoss und die Umgebung zur Stromerzeugung pachten.
Der Vater unterzeichnete den Pachtvertrag, aber bereute dies sehr schnell. Seine Tochter Sigridur und er verweigerten daraufhin die Annahme der Pachtzahlungen und verloren auch einen Prozess. Aber Sigridur drohte, sich beim ersten Spatenstich zum Kraftwerk in die Fluten des Gullfoss zu stürzen, was dazu führte, dass niemals ein Wasserkraftwerk gebaut wurde.
Auf der Route des Golden Circle Richtung Strokkur
Vom Gullfoss bis nach Thingvellir dauert es mit dem Auto etwa eine Stunde, aber bevor ihr das UNESCO-Welterbe besucht, das auch als Tagesausflug von Reykjavík aus empfehlenswert ist, müsst ihr auf eurem Weg natürlich den Geysir Strokkur im Hochthermalgebiet von Haukadalur ansehen.
25 Hochthermalgebiete findet man in Island, sie alle konzentrieren sich auf die aktive Vulkanzone. Aufsteigendes heißes Wasser und Dampf haben den Gesteinsuntergrund in manchen Gebieten so stark zugesetzt, dass ganze Bergrücken und Ebenen durch Schlammlöcher, Dampf- und Heißwasserquellen regelrecht „zerkocht“ wurden und werden.
Namensgeber aller Springquellen
Das isländische Wort „Geysir“ wurde zum Namensgeber aller Springquellen dieser Welt. Der Große Geysir sprang jahrhundertelang in regelmäßigen Abständen. Aus einem kreisrunden Becken mit 120 Metern Tiefe schleuderte er Dampf und Wasser bis zu 60 Meter hoch in die Luft.
Sinterablagerungen an seinem Becken deuten darauf hin, dass der Große Geysir etwa 10.000 Jahre alt ist. Im Moment allerdings gönnt er sich eine Ruhepause, sein Becken könnt ihr euch ansehen, in der Oberfläche spiegelt sich die Farbe des Himmels, kleine Wasserbläschen tanzen an windstillen Tagen über Blau.
Der Geysir Strokkur
Auch wenn der Große Geysir ruht, sein kleinerer Bruder Strokkur, übersetzt „Butterfaß“, springt regelmäßig alle 5 bis 10 Minuten, aber achtet auf die Windrichtung, damit ihr nicht kochend heiß geduscht werdet!
Da springt er!
Zunächst bleibt das Wasserbecken einige Minuten nach dem letzten Ausbruch ruhig. Dann beginnt das Wasser auf- und niederzuwallen, Dampfbläschen perlen an der Oberfläche.
Schließlich wölbt es sich glockenartig auf und bleibt ein paar Augenblicke bestehen. Plötzlich schießen aus dem Untergrund explosionsartig Dampfblasen herauf und reißen das Wasser bis zu einer Höhe von 20 Metern mit. Danach füllt sich das Becken erneut mit Wasser auf und der Prozess beginnt von Neuem.
Rund um den Strokkur könnt ihr ein wenig durch das Hochthermalgebiet spazieren und verschiedene heiße Quellen mit Kieselsinterablagerungen und türkisfarbenem Wasser ansehen, bevor ihr eure Route zum Nationalpark Thingvellir fortsetzt.
Bad im See und Brot aus dem Erdofen
Wenn ihr Zeit habt, dann besucht doch auf dem Weg das schöne Thermalfreibad in Laugarvatn, lasst euch in Hotpots vom heißen Nass wärmen und taucht anschließend in die kühlen Fluten des Sees Laugarvatn.
Solltet ihr kulinarischen Input benötigen, dann probiert im Bistro des Schwimmbads Brot aus dem Erdofen, belegt es mit frisch geräucherter Forelle aus dem See und genießt den Blick von der Terrasse.
UNESCO-Welterbe am Golden Circle
Wenn ihr morgens in Selfoss gestartet seid, dann erreicht ihr den Nationalpark, der UNESCO-Welterbe ist, am Ende des Tages. Nehmt euch Zeit und wandert zwischen mit Wasser gefüllten Erdspalten und durch die beeindruckende Schlucht Almannagjá bis zum Wasserfall Öxaráfoss.
Am See Thingvallavatn, der auch zum Nationalpark gehört, traf sich vor mehr als 1.000 Jahren das Althing, das erste Parlament der Welt, und dort wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg die unabhängige Republik Island ausgerufen. Wem nach mehr Action ist, der könnte hier im Nationalpark eine geführte Schnorchel- oder Tauchtour in der Silfra-Spalte unternehmen.
Die Erde lebt
Der Nationalpark ist sehr idyllisch, es gibt nur wenige Orte auf der Welt, in denen das tektonische Geschehen mit seinen Horizontal- und Vertikalbewegungen der Erdkruste durch kilometerlange Spalten und weiträumige Absenkungen so deutlich sichtbar an der Erdoberfläche zu sehen ist. Im Schnitt werden Bewegungen von 4–5 Millimeter pro Jahr gemessen.
Historie und Erdspalten satt im Nationalpark Thingvellir
Ein im Jahr 1789 stattfindendes Erdbeben in Südwestisland ließ die zentrale Scholle der Senke von Thingvellir um 60 cm absinken, was zur Folge hatte, dass sich der See Thingvallavatn deutlich nach Norden ausdehnen konnte. Historischen Überlieferungen zufolge rissen damals neue Spalten auf, die bis zu 4 Meter Breite erreichten.
Historisch betrachtet schufen die tektonischen Bewegungen auch die Möglichkeit, dass sich das Althing in der Schlucht Almannagjá traf und Teilnehmer und Gefolge in der Ebene am See lagerten. Durch das Erdbeben von 1789 wurde dem ein Ende gesetzt. Die Wiesen am See vernässten und sorgten dafür, dass das erste Parlament der Welt nach Reykjavík umziehen musste.
Reykajvík wartet auf euch
Eine weitere Autostunde später endet der Golden Circle und ihr erreicht die Hauptstadt Reykjavík, für die ihr euch ein bis zwei Tage Zeit nehmen solltet.
Egal, ob ihr die Route des Golden Circle als Tagesausflug im Schnelldurchgang plant oder euch dort länger aufhalten wollt: In diesem historisch und landschaftlich abwechslungsreichen Gebiet im Süden von Island gibt es unzählige Highlights zu entdecken: Wasserfälle, Geysire, frische Tomaten, Krater, Torfgehöfte und und und!
Fotos: Thomas Linkel (20), Carina Pilz (3), Inspired by Iceland (1), Katla Travel (1), Unsplash/Kuba Regulski