Gletscher und Vulkan: Eyjafjallajökull
Seit seinem drei Monate dauernden Ausbruch im Jahr 2010 ist der an der Südküste von Island gelegene Vulkan Eyjafjallajökull weltweit bekannt. Auch wenn der Name und die Aussprache weltweit Schwierigkeiten machten, musste sein Ausbruch nicht besonders überraschen …
Island liegt in einer Zone, an der die eurasische und die nordamerikanische Erdplatte auseinanderdriften. Die Folgen sind regelmäßige Erdbeben und Vulkanausbrüche. VulkanologInnen gehen von 30 Vulkansystemen und etwa 200 Vulkanen aus, die grob in zwei Arten unterteilt werden: Spaltenvulkane und Zentralvulkane.
Während bei Spaltenvulkanen die Lava aus längeren Spalten und kleinen Kratern an die Oberfläche drängt, haben Zentralvulkane wie der Eyjafjallajökull einen festen Förderschlot.
Typisch Island: Feuer und Eis
Eine Besonderheit in Island ist der subglaziale Vulkan, also ein von einem Gletscher bedeckter Vulkan. Zu dieser Kategorie zählen der 1.651 Meter hohe Eyjafjallajökull sowie der unter dem direkt angrenzenden Gletscher Mýrdalsjökull befindliche Vulkan Katla.
Eine Eiskappe mit mehreren Auslassgletschern bedeckt die Caldera des Eyjafjallajökull mit einem Kraterdurchmesser von 3-4 Kilometern. Die Auslassgletscher Steinholtsjökull und Gígjökull gehen vom Hauptgletscher ab und sind während der Fahrt entlang der Piste nach Þórsmörk zu sehen. Des Weiteren gibt es geführte Touren mit Superjeeps, die auf den Gletscher und in die Region des Ausbruchs führen, sowie eine Wandertour, auf die wir am Ende des Beitrags näher eingehen.
Anfahrt über die Ringstraße
Wenn ihr auf der Ringstraße von Reykjavík aus Richtung Süden unterwegs seid, dann passiert ihr mehrere Ortschaften, bis ihr nach Hvolsvöllur kommt. Besucht dort doch das „LAVA Centre“ und lasst auch multimedial in die Welt der isländischen Vulkane einführen.
Auf eurer Weiterfahrt nach Süden könnt ihr dann bei gutem Wetter einen Blick auf den Vulkan Eyjafjallajökull werfen, der wie ein mit Schnee bedeckter, überdimensionierter Kopftopfdeckel aus der Ebene aufragt. Am untersten, westlichen Ausläufer stürzt übrigens der Wasserfall Seljalandsfoss über eine Felsklippe in die Tiefe, ihr erreicht den Fall über eine kurze Abzweigung von der Ringstraße.
Asche legt Flugverkehr lahm
Der Eyjafjallajökull stand 2010 im Mittelpunkt der Weltnachrichten, als die Asche seines Ausbruchs den Flugverkehr in Europa zum Erliegen brachte. Seit Beginn der Besiedlung von Island sind fünf Ausbrüche von ihm bekannt. Im 10. Jahrhundert (um 920) kam es zu einer Spalteneruption, die den 4,5 km langen und etwa 100 m breiten Skerin-Rücken bildete, der sich von seiner Gipfelcaldera nach Nordwesten erstreckt und teilweise von Eis bedeckt ist.
Im Jahr 1612/13 brach der Eyjafjallajökull erneut aus, aber über diesen kleinen Gipfelausbruch ist nur sehr wenig bekannt. Sein letzter Ausbruch, vor jenem im Jahr 2010, war ein längeres Ereignis, das sich über 14 Monate von 1821 Dezember bis 1823 Januar erstreckte und eine Überflutung im Vorland zur Folge hatte.
Erster Ausbruch, dann die Ruhe vor dem Sturm
Im Jahr 2010 folgten dann zwei Ausbrüche sehr schnell aufeinander. Vom 20. März 2010 bis zum 12. April 2010 fand bei Fimmvörduháls (einige Kilometer östlich der Gipfelcaldera) eine Flankeneruption aus Basalt statt. Dann war für einen Tag alles trügerisch still, bevor am 14. April 2010 eine explosive Gipfeleruption mit dem Ausstoß großer Mengen Asche begann, die bis zu acht Kilometer hoch in die Atmosphäre stieg.
Wie kam es zur gewaltigen Aschewolke des Eyjafjallajökull?
Während des Ausbruchs stieg heißes Magma im Inneren des Vulkans auf und kam schließlich mit der kalten Eisdecke in Kontakt. Dadurch kühlte das Magma rasend schnell ab und zerplatzte in feinste Aschepartikel.
Die Aschefahne des Ausbruchs bestand daher aus so feiner Asche, dass sie eine große Gefahr für Flugzeugtriebwerke darstellte. Daher wurden Mitte April Flugrouten und Flughäfen in weiten Teilen Europas für eine Woche geschlossen. Die Flugrouten von Keflavík nach Nordamerika blieben zwar offen, doch handelte es sich um die weitreichendsten Einschränkungen des weltweiten Flugverkehrs seit dem Zweiten Weltkrieg.
Ascheregen und Evakuierung
Während auf die Bauernhöfe rings um den Vulkan tagelang Asche regnete und Tiere und Menschen in Sicherheit gebracht werden mussten, begannen erste private und geführte Touren mit Superjeeps hinauf auf den Gletscher und in die unmittelbare Nähe des Vulkanausbruchs.
Besonders spektakulär wirkte der Ausbruch in den Nächten, wenn glühende Lavafontänen hoch in die Luft schossen und vom Eis des Gletschers Eyjafjallajökull gespenstisch reflektiert wurden. Zeitweise waren hunderte BesucherInnen gleichzeitig in unmittelbarer Nähe des Ausbruchs, und sogar bis an die langsam fließenden Lavaströme wagten sich Schaulustige heran.
Währenddessen mussten von den umliegenden Bauernhöfen Tiere in andere Landesteile evakuiert und die Dächer, um ein Einstürzen zu verhindern, immer wieder von den Aschebergen befreit werden. Wer seine Tiere nicht fortbringen konnte, trieb sie von den Weiden in die Ställe, um eine von der Asche ausgelöste Fluorvergiftung zu verhindern.
„Es war gespenstisch, geradezu apokalyptisch“, erzählt Gudni, eine Landwirtin, die den Ausbruch hautnah miterlebte. „Es war selbst tagsüber stockdunkel, du konntest nur 3-4 Meter weit sehen, überall wirbelte schwarze Asche.“ Noch Monate später bedeckte Asche weite Weideflächen, bis schließlich ein großer Teil vom Wind und Regen wegtransportiert wurde. Das, was davon noch übriggeblieben ist, verbessert nun die Bodenstruktur.
Asche beschleunigt die Gletscherschmelze
Die Asche ist aber ein Problem für den Gletscher Eyjafjallajökull.
Durch den Ausbruch legte sich eine bis zu 20 m dicke Ascheschicht auf das Eis. Die Bergspitze ist inzwischen wieder weitgehend weiß, aber der Gletscher hat sich davon nicht erholt, berichten WissenschaftlerInnen. Denn die Ascheschichten des Ausbruchs werden vom Wind immer wieder aufgewirbelt und legen sich auf den Schnee.
Da schwarze Asche weniger stark reflektiert als weißer Schnee und deutlich mehr Sonnenenergie aufnimmt, schmilzt der Gletscher des Eyjafjallajökull noch schneller als durch den Klimawandel sowieso schon hervorgerufen.
Spektakuläre Wandertour für Fortgeschrittene
Wenn ihr nun vom Vulkan Eyjafjallajökull so fasziniert seid, dass ihr selbst einmal in die Nähe kommen wollt, dann könnt ihr entweder eine Superjeeptour (teuer!) buchen oder auf eigene Faust loswandern. Die 2-Tages-Tour mit Übernachtung in einer Berghütte (unbedingt im Voraus buchen!) führt euch vom Skógafoss immer bergauf, bis ihr schließlich das Eis des Gletschers erreicht.
Einige An- und Abstiege später kommt ihr dann bis zum neuen Lavastrom und dem Ausgangspunkt des Vulkanausbruchs. Hier erwartet euch eine faszinierende Welt aus Eis, Lava, Schlacke, Dampf, Schwarz, Rot und Weiß. Viel näher an einen aktiven Vulkan ist kaum zu kommen …
Zwischen den Gletschern ins Tal von Thórsmörk
Von dort oben geht ihr den meist mit Pfählen markierten Weg bergab, bis ihr schließlich in das Tal von Thórsmörk gelangt. Auf der gesamten Tour ist Trittsicherheit gefragt, ihr solltet mit GPS und Karte umgehen können und, ganz wichtig, unbedingt eine Schönwetterperiode abpassen, denn zwischen dem Mýrdals- und dem Eyjafjallajökull ändert sich das Wetter rasend schnell.
Jedes Jahr müssen Bergretter 6-7 Personen auf dieser Strecke in Sicherheit bringen, die mit schlechter Ausrüstung in Not geraten oder vom Wetter überrascht worden sind. Bei günstigen Bedingungen ist die Tour in insgesamt 10-12 Wanderstunden und einer Hüttenübernachtung zu machen.
Heimatmuseum über den Vulkanausbruch
Und wenn ihr auf die Wandertour lieber verzichtet, dann guckt doch in dem kleinen Heimatmuseum bei Seljavellir vorbei. Achtet direkt an der Ringstraße auf ein großes Bild vom Vulkanausbruch und die Aufschrift Eyjafjallajökull.
Einige Kilometer später wartet dann schon der Wasserfall Skógafoss auf euch, und eine halbe Stunde Fahrtzeit danach könnt ihr am Strand von Reynisfjara im schwarzen Lavasand ein Picknick machen und dabei dem Tosen des Atlantiks zusehen.
Fotos: Thomas Linkel (4), Carina Pilz (2), Páll Jökull Pétursson, flickr: Ulrich-Latzenhofer (2), Sigurdur Jonsson, Paul Clement, Unsplash: Sava Bobov, Tory Doughty, Toby Elliott, Marc Szeglat, Freysteinn G Jonsson