Nur acht Kilometer vom Festland entfernt und doch eine eigene, kleine Welt, so präsentieren sich die Vestmannaeyjar den Reisenden.
Anreise per Schiff oder mit dem Flugzeug
Egal, ob man für einen Tagesausflug oder mehrere Tage Aufenthalt auf die Inseln vor Islands Südküste will, zwei Möglichkeiten stehen anreisetechnisch zur Auswahl: Zum einen kann man mit dem Flugzeug von Reykjavík nach Heimaey, der einzig bewohnten Insel der Vestmannaeyjar, fliegen. Die Flugzeit beträgt 25-30 Minuten, Flüge werden zwischen Mai/Juni und Oktober täglich durchgeführt.
Die zweite Möglichkeit ist die Fähre Herjólfur von Landeyjahöfn aus (15 Kilometer südlich des sehr sehenswerten Wasserfalls Seljalandsfoss)
Die Fähre bedient die ca. 45-minütige Route zwischen Festland und Heimaey mehrmals täglich, Einschränkungen nur bei schlechtem Wetter und hohem Wellengang. Falls ihr über einen Urlaub im Ferienhaus nachdenkt und nahe des Seljalandsfoss und des Fährhafens für Vestmannaeyjar wohnen wollt, dann schaut euch doch das Ferienhaus Myllubakki an.
Auf Heimaey ist kein Auto notwendig
Auch wenn es grundsätzlich möglich ist, mit dem Mietwagen überzusetzen (Reservierung unbedingt erforderlich!), notwendig ist es nicht. Heimaey ist nur wenige Quadratkilometer groß, die Siedlung erstreckt sich rund um das Hafenbecken und bis an die unteren Hänge des Vulkans Eldfell; alle Sehenswürdigkeiten sind fußläufig zu erreichen.
Junge Inseln vor der Küste von Island
GeowissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass die 15 Inseln des Archipels innerhalb der vergangenen 10.000 Jahre durch die Ausbrüche submariner Vulkane entstanden sind. Die Vestmannaeyjar sind nach geologischer Zeitrechnung also noch sehr jung.
Mehrere kleinere Vulkaninseln und Vulkankraterreste bildeten den Ausgangspunkt des heutigen Heimaey. Vor etwa 5.000 Jahren begann dann der Vulkan Helgafell in verschiedenen Eruptionen immer mehr Lava auszuwerfen, die schließlich die verschiedenen Inselchen und Felsen zu einer gesamten Insel verband. Das aktuelle Aussehen verdankt Heimaey aber dem Vulkanausbruch von 1973.
Als die Welt den Atem anhielt: Der Vulkanausbruch im Jahr 1973
Dass sie quasi auf einem Vulkan leben, war allen BewohnerInnen von Heimaey bekannt, die reichen Fischfanggründe und ein angenehmes Klima hatten trotzdem über die Jahrhunderte zu Bevölkerungswachstum und Prosperität geführt.
In der Nacht vom 23. Januar 1973 öffnete sich wenige Kilometer östlich der Ortschaft eine etwa 1,6 Kilometer lange Spalte, aus der mehrere hundert Meter hohe Lavafontänen schossen. Tage später verlagerte sich die Ausbruchstätigkeit auf einen sich aus der Spalte erhebenden Berg, den Vulkan Eldfell. Glücklicherweise befand sich die gesamte Fischereiflotte der Insel aufgrund eines schweren Sturms am Vortag im Hafen, und innerhalb von nur vier Stunden konnte damit ein Großteil der 5.200 BewohnerInnen evakuiert und zum Festland gebracht werden. Zurück blieben Rettungskräfte, die versuchten, den Ort vor der völligen Zerstörung zu bewahren.
Der Vulkanausbruch endete erst im Juli 1973. In den Monaten nach Beginn des Ausbruchs bedeckte meterdicke Vulkanasche die gesamte Insel, Steinbomben zerlöcherten Hausdächer und -wände, und ein Lavastrom aus dem neu entstandenem Vulkan Eldfell war dabei, die Hafeneinfahrt zu verschließen.
Mit Wasserpumpen gegen die Lava
Ohne Hafen wäre ein Leben auf Heimaey nicht mehr möglich gewesen, schließlich stammte der Großteil der Einnahmen aus dem Fischfang.
Deshalb begannen die Rettungskräfte, mit starken Pumpen Meerwasser zu fördern und auf den Lavastrom zu spritzen, um ihn abzukühlen und so zum Stehen zu bringen. Pro Stunde wurden 4.500 Tonnen Wasser auf den Lavastrom befördert und dieser schließlich auch zum Stillstand gebracht. Die Hafeneinfahrt hatte sich von 800 auf 200 Meter verengt, eine Zufahrt war aber immer noch möglich. Glück im Unglück: Der Hafen war jetzt noch besser vor Stürmen geschützt.
Vulkane und Museen
Alles rund um den Vulkanausbruch und seine Auswirkungen auf Vestmannaeyjar wird im Vulkanmuseum Eldheimar eindrucksvoll dargestellt. Unter anderem gibt es von der Vulkanasche bedeckte und später ausgegrabene Hausruinen zu besichtigen. Sehr eindrücklich!
Ebenso interessant ist das Sagnheimar, auch dieses Heimatmuseum widmet sich thematisch dem Vulkanausbruch, darüber hinaus aber auch dem für die InsulanerInnen wichtigen Fischfang, dem berühmten Musikfestival und der Besiedlung der Insel.
Typisch Island: Wanderwege auf Vulkane
Besonders beeindruckend auf Heimaey sind die den Ort überragenden Vulkane Eldfell und Helgafell. Beide kann man auf beschilderten Wegen leicht erwandern. Feste Schuhe, am besten leichte Trekkingstiefel, sind empfehlenswert.
Den 226 Meter hohen Vulkan Helgafell erreicht man über einen Wanderweg, der nahe dem Fußballplatz startet. Mehr als eine Stunde ist für die Tour nicht einzuplanen, vom Vulkangipfel hat man einen wunderbaren Blick von der Insel auf den Atlantik und zum gegenüberliegenden Vulkan Eldfell.
Eldfell – der Feuerberg
Steigt man vom Gipfel des Helgafell nach Norden ab, gelangt man schließlich zum Parkplatz am Eldfell. Von dort kann man in etwa einer Stunde den 221 Meter hohen Gipfel des erst seit 1973 bestehenden Berges besteigen.
Die Vorstellung, auf einem aktiven Vulkan unterwegs zu sein, wird besonders eindrücklich beim Aufstieg über blutrot und schwarz changierende Hänge bis hinauf zum zerklüfteten Kratergipfel. Genau beeindruckend: der Blick auf den 50 Jahre jungen und teilweise von Moosen und bunten Flechten bewachsenen Lavastrom, der sich unter einem bis zum Hafen erstreckt.
Wanderweg zu den Papageientauchern
Aber nicht nur Vulkane machen Vestmannaeyjar zu einem lohnenswerten Ziel: Im Sommer werden die Vulkaninseln vor der Küste von Island von zehntausenden Seevögeln als Brutplatz genutzt.
Der Weg zu den Vogelfelsen Heimaklettur ist einer der beliebtesten Wanderpfade von Vestmannaeyjar. Allerdings sollte man nur bei schönem Wetter und mit guter Wanderausrüstung unterwegs sein, denn der Weg ist steil, bei nassem Wetter sehr rutschig und dem Wind ausgesetzt. Die steilsten Stellen sind mit Seilen und Stufen gesichert, trotzdem sollte man schwindelfrei sein. Von oben allerdings ist der Ausblick atemberaubend. Um die Hänge und Felsvorsprünge unter einem kreisen Seevögel, Papageientaucher sitzen vor ihren Bruthöhlen
Bei gutem Wetter reicht der Blick über den Atlantik bis zur Südküste von Island, und die majestätischen Gletscher Mýrdalsjökull und Eyjafjallajökull scheinen zum Greifen nah. Wendet man sich in die entgegengesetzte Richtung, liegt der Hafen unter einem, dahinter drängen sich die bunt gestrichenen Wohnhäuser eng aneinander und erstrecken sich bis an den Fuß des Eldfell. Für die Tour sollte man zumindest zwei Stunden einplanen.
Stabkirche, Festung und Museum
Wenn jetzt noch Zeit vor der Rückreise übrig ist, wie wäre es dann mit etwas Geschichte? Auf der Südostseite des Hafens liegt Skannsinn. Das ist der Name einer Festung, die aus dem Jahr 1586 stammt und zum Schutz des königlich-dänischen Lagerhauses vor englischen Seeleuten und Händlern gebaut wurde. Nach der türkischen Invasion von 1627, als Piraten 242 Bewohner von Vestmannaeyjar entführten, wurde das dänische Militär mit der Verteidigung der Inseln beauftragt.
Neben verwitterten Resten von Festungswällen liegt in Skannsinn auch eines der ältesten Häuser der Insel, Landlyst, nunmehr Museum und eine nach einem alten norwegischen Vorbild originalgetreu gebaute Stabkirche (Stafkirkjan).
Nachbildung der ersten Kirche
Dieses architektonische Schmuckstück wurde von Norwegen im Jahr 2000 zum Gedenken an den 1.000. Jahrestag der Bekehrung Islands zum Christentum errichtet. Der imposante Sakralbau steht auf dem grasbewachsenen Skansinn-Gelände am Hafen.
Er ist eine Nachbildung der ersten Kirche in Vestmannaeyjar, die von Gesandten des norwegischen Königs Ólafur Tryggvason kurz vor der Bekehrung Islands zum Christentum im Jahr 1000 errichtet wurde.
Auch das ist Island: Rotalgenbutter und Fischsuppe
Wem nach kulturellen und landschaftlichen Höhepunkten hungrig geworden ist, der sollte sich in den Pubs, Bistros und Restaurants rund um den Hafen umsehen, zum Beispiel im Bistro GOTT, wo sich die hausgemachte Fischsuppe empfiehlt. Auch unbedingt empfehlendswert: das Restaurant Slippurinn, dessen Küche zu den besten in ganz Island gehört.
Wie wäre es mit Trockenfisch-Chips und Rotalgen-Butter, langsam gegartem Lamm oder dampfend heißer Langustinensuppe? Slippurinn bietet Slow food at its best! Eine Reservierung ist notwendig.
Wer es rustikaler mag, der ist in der Inselbrauerei The Brothers Brewery gut aufgehoben, probieren könnte man ein Bier mit Citrus-Hopfen und Rotalgen.
Party ohne Ende in Vestmannaeyjar
Wo wir gerade beim Biertrinken sind: Wer ausgelassen feiern möchte, der sollte am ersten langen Augustwochenende nach Heimaey kommen.
Jedes Jahr fahren tausende Feierwütige vom Festland auf die Insel und verwandeln das Herjólfsdalur beim „Þjóðhátíð“ in einen Rummel aus Live-Konzerten, Sportveranstaltungen, Buden und Karussells. Gefeiert wird immer, je schlechter das Wetter, desto ausgelassener die Stimmung. Gummistiefel sind dann lebensnotwendig.
Vor der Abreise noch eine Bootsfahrt nach Surtsey
Bevor Vestmannaeyjar 1973 auf sich aufmerksam machte, waren die Inseln schon einmal weltweit in den Schlagzeilen. Von 1963-1967 schuf ein submariner Vulkanausbruch die Insel Surtsey, die nur wenige Kilometer von Heimaey entfernt liegt. In den Jahren des Vulkanausbruchs entstand eine Insel, die schließlich eine Größe von 2,8 Quadratkilometern erreichte und heute ca. 60 Meter hoch aus dem Atlantik ragt.
Surtsey - UNESCO-Welterbe
Der Zutritt ist nur WissenschaftlerInnen erlaubt, lässt sich doch auf der Insel studieren, wie sich auf einem isolierten Lavafelsen Leben bildet.
Mit Seevögeln, die die Insel zunächst als Rastplatz nutzten, und dem Wind, kamen die ersten Gewächse, später Schmetterlinge und Fliegen. Heute brüten neben Möwen regelmäßig auch Papageientaucher auf der Insel, Grasland hat sich durch die Düngung mit Vogelkot ausgebreitet. Die Einzigartigkeit von Surtsey führte im Jahr 2008 zur Ernennung als UNESCO-Welterbestätte.
Auf einer Bootstour von Heimaey aus umrundet man die Insel und kann der Natur beim Aufleben aus der Ferne zusehen. Faszinierend.
Fazit:
Die Vestmannaeyjar (Westmänner Inseln) sind eine Welt für sich. Wer menschlichen Überlebenswillen, Vulkane, Vogelkolonien, Steilküsten, exzellente Küche und die frische Luft des Atlantiks auf kleinster Fläche sucht, der wird auf den Vulkaninseln vor der Südküste von Island definitiv fündig.
Fotos: flickr: Bekassine (2), Óskar Elías Sigurdsson (3), Peter, Anthony Quintano, Joxean Koret, Moonjazz, Thomas Quine, Michele Bigi, James Brooks, unsplash: Anders Nord, Jonatan Pie, Gudrun Sigurjonsdottir, Khamkeo Vilaysing (2), Michael Held, Pedro Netto (2), Sam Quek, Ursula Drake, Ylona Maria Rybka