Die Halbinsel Reykjanes
Wer direkt nach der Ankunft in Keflavík in die Urlandschaft von Island eintauchen will, der ist auf der Halbinsel Reykjanes genau richtig: Vulkane, brodelnde Hochthermalgebiete, eine abwechslungsreiche Küste, hochlandähnliche Landschaften und die Städte Reykjavík und Hafnarfjördur, alles das bietet der südwestlichste Zipfel von Island.
Etwa 70 Kilometer lang und nicht breiter als 25 Kilometer, das ist die Halbinsel Reykjanes, die sich ganz grob vom Flughafen Keflavík im Westen über Reykjavík im Norden bis in das Dorf Thórlakshöfn an der südlichen Küste erstreckt. Viele lassen sie links liegen, dabei gibt es dort so viel zu entdecken.
Ob ihr die Halbinsel im oder gegen den Uhrzeigersinn bereist, bleibt natürlich euch überlassen, vielleicht bucht ihr ein Ferienhaus bei Hveragerdi, Selfoss oder Eyrarbakki, dann habt ihr eine perfekte Basis, um Reykjanes in Ruhe zu erkunden.
Sonnenuntergang am Leuchtturm
Nur kurz hinter dem Ankunftsterminal von Keflavík könnt ihr auf der Straße 45 die Halbinsel Midnes umfahren. Streift durch das Dorf Gardur und besucht die beiden Leuchttürme nördlich davon. Ein magischer Platz, um den Sonnenuntergang zu genießen oder ein Picknick zu machen, ihr könntet aber auch im Café im kleineren Leuchtturm bei einem Cappucchino entspannen.
Bei gutem Wetter habt ihr sogar einen Blick über die Bucht Faxaflóí bis zum Vulkan Snaefellsjökull auf der Snaefellsnes-Halbinsel, die ca. 80 Kilometer Luftlinie nördlich von Reykjanes entfernt liegt.
Museumshotspot im Südwesten von Island
Vielleicht habt ihr ja Lust, das spannende Heimat- und Seefahrtsmuseum am großen Leuchtturm zu besuchen, bevor ihr an Sandstränden vorbei über Njardvík zurück nach Keflavík kommt. Lust auf isländische Rock- und Popgeschichte? Dann schaut auch das mit moderner Technik ausgestatte Icelandic Museum Rock & Roll in Keflavík an und taucht auch akustisch in die nordatlantische Musikwelt von Björk bis Of Monsters and Men ein. Hörens- und sehenswert!
Übrigens genauso wie das architektonisch auffallende Musum „Viking World“ in Njardvík, welches die Replik eines Wikingerschiffs beherbergt, das den Booten zur Zeit von Leifur Eiríksson nachempfunden ist, der damit um 1000 n.Chr. Nordamerika erreicht hatte.
An der Küste bis Hafnarfjördur
Fahrt dann am nördlichen Rand von Reykjanes weiter auf der schmalen Küstenstraße 420 und genießt den Blick über die Bucht Faxaflóí oder besteigt in Vogar ein Walbeobachtungsboot. Einige Kilometer weiter nach Osten erreicht ihr die Stadt Hafnarfjördur mit einer schönen Einkaufsstraße in der Nähe des Kunst- und Kulturzentrums Hafnarborg, einigen guten Lokalen, z.B. dem Von mathús, und dem lebendigen Fischereihafen.
Shopping zwischen Elfen
Die Stadt ist eine gute Möglichkeit, zu bummeln, die perfekt restaurierten Gebäude des Heimatmuseums zu besuchen, in den Geschäften nach Besonderem zu stöbern, ein Eis bei Ísbúd Vesturbeajar zu schlecken oder an der Hafenpromenade und an der Strandgata entlangzuspazieren.
Darüber hinaus hat die Stadt Harfnarfjördur einen eigenen Stadtplan für die Aufenthaltsorte überirdischer Wesen wie Elfen, Lichtfeen usw. herausgegeben. Also begebt euch nach einem Shoppingtrip doch auf die Suche nach Übersinnlichem.
Ein Katzensprung bis Reykjavík
Von Hafnarfjördur sind es nur noch ein paar Kilometer bis Reykjavík, die Hauptstadt von Island, für die ihr euch ein bis zwei Tage Zeit nehmen solltet.
Besucht unbedingt die architektonisch herausragende Konzerthalle Harpa, die Restaurants im alten Hafen, die Hallgrímskirkja in der Mitte der Altstadt, das lebendige Einkaufs- und Ausgehviertel rund um den Laugarvegur, Galerien, Museen und Perlan, die Glaskuppel auf dem Hügel Öskjuhlid mit atemberaubendem Blick über die Stadt und den anbrandenden Atlantik.
Von Reykjavík aus könntet ihr euch auf den Weg zum Golden Circle und zum Nationalpark Thingvellir machen.
Auf zum Vulkan
Wenn ihr aber Reykjanes näher erkunden wollt, dann solltet ihr euch von Reykjavík oder Hafnarfjördur auf den Weg zum Vulkankrater Thríhnúkagígur, oder "Three Peaks Crater“, machen. Ihr erreicht das Besucherzentrum über die Ringstraße Richtung Hveragerdi und dann über die Landstraße 417 Richtung Südwesten bis zum Skigebiet Bláfjöll.
Mit dem Aufzug in die Vergangenheit
Zusammen mit einem Guide vom Besucherzentrum erreicht ihr nach einer kurzen Wanderung über Lava und Heide den etwa 4.000 Jahre alten Vulkankrater, werdet angegurtet und fahrt dann in einem offenen Fensterputzerlift 120 (!) Meter in die Magmakammer hinab. Die Farbenpracht und ungeheuren Ausmaße des Kraters Thríhnúkagígur sind atemberaubend und weltweit einzigartig, aber die Tour ist nicht ganz billig ...
Bad in heißem Bach
Nehmt den Weg zurück auf die Ringstraße und biegt dann wenige Minuten später nach Süden auf die 39, um eure Reykjanes-Rundfahrt fortzusetzen. Ihr erreicht den Süden der Halbinsel über das Dorf Thorlákshöfn und schnuppert wieder Meeresluft.
Falls euch aber die Lust auf ein Bad in einem heißen Bach überkommt, dann begebt euch zuerst nach Hveragerdi, wandert in das Reykjadalur und taucht inmitten des schmalen Tals in einem Bach bis zur Nasenspitze in heißes Wasser ein.
Kirche am Strand
Vom Dorf Thorlákshöfn aus nutzt ihr nun die Küstenstraße 427, die euch entlang des Atlantiks immer weiter nach Westen bringt. Bald führt eine Abzweigung zur Strandarkirkja. Nicht weit von einem Lavasandstrand entfernt, von dem aus ihr fast die gesamte Südküste der Halbinsel sehen könnt, liegt die kleine Holzkirche.
Ein erster Bau soll im 12. Jahrhundert aus Dankbarkeit von einem isländischen Siedler errichtet worden sein, nachdem ihm ein Lichtengel den Weg aus einem Sturm bis hierher zum Strand wies. Dem überirdischen Retter zu Ehren wurde 1950 die Skulptur Landsýn neben die Kirche gestellt.
Zurück auf der 427 passiert ihr mehrere Krater und Tuffberge sowie imposante Klippen, über die bei früheren Vulkanausbrüchen Lava wie aus einem Wasserfall ins Meer stürzte.
Vulkanausbruch am Fagradallsfjall
Einige Kilometer später erreicht ihr einen Parkplatz, von dem aus ihr über verschiedene Wanderwege bis zum Vulkan Fagradalsfjall gehen könnt. Von März bis September 2021 floss die Lava aus verschiedenen Krateröffnungen und ergoss sich in die Umgebung. Auch 2022 gab es einen Vulkanausbruch und im Moment (Stand 4.8.2023) ist der Vulkan Litli-Hrútur ganz in der Nähe aktiv und fördert seit mehreren Wochen Lava.
Noch heute dampft die frische Lava an einigen Stellen. Nehmt euch ein wenig Zeit und erkundet das neu geschaffene Land rund um den Vulkan, bevor ihr euch wieder auf den Weg macht.
Hochland im Südwesten
Nutzt die Gelegenheit und fahrt ein paar Kilometer auf der Abzweigung 42 nach Norden bis zu einem der tiefsten Seen von Island, dem Kleifarvatn. Dort erinnert die Landschaft in ihrer Wildheit an Teile des isländischen Hochlands. Hier findet ihr Tuffformationen und moosbewachsene Lavafelsen am Ufer und südlich des Sees das Hochthermalgebiet von Krýsuvík. Nicht weit südlich davon erhebt sich der fast vollständig bemooste Vulkankrater Stora-Eldborg.
An der Küste erwartet euch Krýsuvíkurberg, eine spektakuläre 40 Meter hohe und 15 Kilometer lange Steilküste, die Brutplatz für tausende Seevögel und über Wege an einigen Stellen für BesucherInnen zugänglich ist.
Vulkan reiht sich an Vulkan
Die Landschaft im Südwesten von Reykjanes bleibt rau, tiefe Erdspalten wechseln mit Vulkankratern und bizarren Lavaformationen. Bei Grindavík könntet ihr auf ein Bad in der Blauen Lagune abbiegen.
Alternativ besteigt ihr etwas weiter nördlich den Mt Thorbjorn und blickt bei gutem Wetter über die gesamte Reykjanes-Halbinsel.
Lavapool am Atlantik
Macht auch Halt an dem vom Meer ausgewaschenen Lavapool Brimketill etwas südwestlich von Grindavík. Selbst wenn ihr nur auf der Plattform über dem natürlichen Pool steht, können euch bei starkem Wind die Wellen kalt abduschen, ein Bad wäre lebensgefährlich, also genießt einfach die Schönheit der wilden Küste.
Herz des Reykjanes UNESCO Global Geopark
Auf der 425 geht es zum südwestlichsten Punkt der Halbinsel Reykjanes, an dem der Leuchtturm Reykjanesviti steht. Ein perfekter Ort, um den Sonnenuntergang zu erleben.
Etwas später, wenn sich die Straße schon Richtung Norden gewandt hat, wartet das farbenprächtige Geothermalgebiet Gunnuhver auf euch. Es zischt, brodelt und dampft aus heißen Quellen, u.a. aus der im Moment größten Schlammquelle von ganz Island und alles ist Teil des Reykjanes UNESCO Global Geopark.
Ein Gebiet mit Seltenheitswert
Dieser 829 Quadratkilometer große Geopark, der beinahe die gesamte Reykjanes-Halbinsel im Südwesten von Island umfasst, wurde geschaffen, um die Einzigartigkeit der Region zu schützen und ihre geologische Vielfalt bekannter zu machen
Reykjanes ist weltweit das einzige Gebiet, in dem sich der 65.000 Kilometer lange Mittelatlantische Rücken aus dem Atlantik an die Oberfläche erhebt und seine geologischen Ausprägungen sichtbar werden, u.a. durch Hochthermalgebiete, tiefe Erdspalten, Vulkane, Tuffgebirge und Hyaloklastitkämme.
Nach Norden wartet eine Brücke
Nach Norden bewegt ihr euch nun auf der Landstraße 425 Richtung Flughafen und erreicht schließlich die „Bridge over Continents“. Hier könnt ihr nicht nur symbolisch, sondern ganz aktiv zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Kontinentalplatte hin und her gehen.
Sandstrand und Vogelparadies
In der Nähe liegt Stóra-Sandvík, eine herrliche Bucht mit schwarzem Lavasandstrand und Dünen, auf denen Strandhafer im Wind wogt. Etwas weiter erreicht ihr dann Hafnaberg, einen der größten Vogelfelsen in Island. Wandert an der Küste entlang und beobachtet Eissturmvögeln, Dreizehenmöwen und Tordalken, die das Areal als Brutgebiet nutzen.
Vielfalt des Südwesten
Einmal habt ihr nun Reykjanes, die Halbinsel im Südwesten von Island, umrundet, und dabei knapp 200 Kilometer zurückgelegt.
Bestimmt habt ihr mindestens einen Vulkan bestiegen, das Tosen des Atlantiks bewundert, unzählige Seevögel beobachtet. Ihr seid an noch frisch dampfender Lava vorbeigekommen und habt das Fauchen der Dampfquellen gehört. Vielleicht habt ihr auch in heißem Wasser gebadet und die Sonne im Meer untergehen sehen, mit Sicherheit hattet ihr Naturerlebnisse, die so nur in Island möglich sind.
Fotos: Thomas Linkel (6), Reykjanes Tourism, Hafnarfjödur Tourism, Unsplash: Mia F, Sigurdur Fjalar Jonsson, Stephen Leonardi