Der Skaftafell-Nationalpark
Es ist schon eine atemberaubende Landschaft, in der man sich auf den Nationalpark zubewegt, in dem der Svartifoss, der schwarze Wasserfall, liegt. Umgeben von großen Sanderflächen befindet sich diese Oase am Fuße von Europas größtem Gletscher, dem Vatnajökull, dem Wassergletscher. Eine gigantische Gletscherwelt tut sich auf. Die Gegend ist ein Paradies für Fotobegeisterte.
Gewaltig große Gletscherzungen wälzen sich die Berghänge hinunter und ragen in die riesigen Geröllflächen hinein. Hat man Glück, sieht man auf dem Vulkanmassiv Öræfajökull die höchste Erhebung Islands.
Es ist der 2110 Meter hohe eisige Gipfel Hvannadalshnjúkur. Der Skaftafell-Nationalpark wurde 1967 gegründet, ist seither mehrfach vergrößert worden und seit 2008 im Vatnajökull-Nationalpark integriert.
Oase für Pflanzen und Vögel
Die Oase Skaftafell ist vor Wind und Wetter recht gut geschützt und hat daher für isländische Verhältnisse eine üppige Vegetation. Über 200 verschiedene höhere Pflanzenarten sind hier gezählt worden. An den Berghängen sind große Busch- und Waldflächen. Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten fühlen sich hier auch viele Vogelarten wohl, u.a. Falken, Schneehühner, Raben, Schneeammern, Rotdrosseln und Goldregenpfeifer.
Da Islands Säugetierwelt generell nicht artenreich ist, sind hier lediglich Polarfüchse, Nerze und Fledermäuse beheimatet. Wer gerne zu Fuß unterwegs ist, der findet im Nationalpark viele Möglichkeiten für eine kürzere oder auch längere Wanderung. Besonders beliebt ist die Strecke zum Svartifoss. Im Besucherzentrum gibt es übersichtliche Wanderkarten und Antworten auf sämtliche Fragen.
Wanderung mit atemberaubender Aussicht
Weil der Svartifoss sich in eine Mulde einschmiegt, kann man ihn lange nicht sehen. Vom Zeltplatz aus führt ein Wanderweg den Hang hoch zu dem kleinen aber schmucken Wasserfall. Riesige Wassermengen sind nicht die Attraktion des Svartifoss. Wer die versteckten Kleinoden in der isländischen Natur zu schätzen weiß, kommt hier voll auf seine Kosten. Schon auf der Strecke hangaufwärts fallen mir regelmäßig die Augen aus dem Kopf. Egal, wohin ich schaue, die Aussicht ist grandios.
Der Pfad führt ca. eine halbe Stunde bergan, vorbei an dem ein oder anderen Wasserfall, u.a. dem Þjófafoss, Hundafoss und Magnúsarfoss, die alle, wie der Svartifoss auch, Teil des Flüsschens Stórilækur sind. Birken, Weiden, lila blühender Waldstorchschnabel und andere bunte Blumen säumen den Wegesrand.
Ein Kunstwerk der Natur
Ist man oben auf der kleinen Kuppe angekommen, zeigt sich endlich der Svartifoss – und die Namensgebung erklärt sich. Umgeben von schwarzen Basaltsäulen, die wie Orgelpfeifen stehen oder herunterhängen, fällt das Wasser 12 Meter nach unten. Die Architektur der Natur wirkt wie das ausgefeilte Kunstwerk eines geduldigen Bildhauers.
Es lohnt sich, die kurze Strecke bergab direkt zum Svartifoss zu gehen. Aus dieser Perspektive ergibt sich ein sehr interessanter und imposanter Blick. Ich kann von den Farben gar nicht genug bekommen. Das Schwarz der Basaltsäulen, das Weiß des Wasserfalls und das Grün des Engelwurz verzaubern mich regelmäßig. Die Stimmung dort unten an dem kleinen Tosbecken des Svartifoss mag ich ganz besonders.
Von Vulkanen umringt
Auf dem Weg hinauf zum Svartifoss hat man bereits von der ersten Aussichtsplattform aus einen freien Blick hinüber zum großen Öræfajökull. Unter seinem Eis befindet sich ein Vulkan, der schon Verheerendes in diesem Gebiet angerichtet hat. Öræfi bedeutet Einöde oder Wüste, genau das, was als Folge des Vulkanausbruchs im Jahr 1362 in dieser Gegend entstand. Eine weitere Eruption 1727 verlief nicht so folgenschwer.
Im Winter 2017 nahmen die seismischen Aktivitäten zu, ein Einbruchskessel mit ca. einem Kilometer Durchmesser wurde von der Luft aus entdeckt und beobachtet. Genau zu dieser Zeit wohnte ich nur ein paar Kilometer Luftlinie entfernt und hatte diesen Berg – und damit auch die Gefahr – ständig vor Augen. Die Gegend ist dünn besiedelt. Angst hatte ich keine, ich vertraute dem Erfahrungspotenzial und Wissen der GeologenInnen und den Informationen des Katastrophenschutzes. Immerhin sind sie alle auf der größten Vulkaninsel der Welt tätig …
Feuer und Eis in direkter Nachbarschaft
Schaut man Richtung Süden, hat man eine endlos erscheinende Geröllwüste vor sich. Hier ergoss sich 1996 ein gewaltiger Gletscherlauf über die Sanderfläche. Haushohe Eisblöcke hatte er mit sich gerissen.
Unter dem Eis des Vatnajökull befinden sich einige Vulkane, die regelmäßig alle paar Jahre aktiv werden. Buchstäblich sind hier Feuer und Eis in direkter Nachbarschaft. Entweder rasen gewaltige Wassermassen – sogenannte Gletscherläufe – gen Küste oder es wird Asche in die Atmosphäre geschleudert oder es wälzen sich Lavaströme ins Gelände.
Ringstraße und Brücken, die über den Sander führten, wurden bei dem Gletscherlauf 1996 zerstört und bescherten Island hatte damit eine klaffende Lücke in seinem Verkehrsnetz. Je nachdem wohin man wollte, musste man mehr als 1000 Kilometer Umweg in Kauf nehmen. Zuletzt machte der Bárðarbunga im August 2014 auf sich aufmerksam. Bis zum Februar 2015 ergossen sich im Hochland enorm große Lavaströme.
Ausblick der Extraklasse
Bei meinem ersten Besuch des Svartifoss war ich von den vielen Eindrücken entlang der Wegstrecke hinauf zum Wasserfall so richtig sprachlos geworden. Und dann weckte ein Hinweisschild auf der Aussichtskuppe erneut meine Entdeckungsfreude …
Wer seine Wanderung etwas ausdehnen möchte und neugierig auf das umliegende Gelände ist, folgt oben vom Aussichtspunkt des Svartifoss dem Wegweiser Richtung Sjónarnípa.
Nach kurzer Zeit führt eine Brücke über einen Bach. Geht man dann noch etwas weiter, kann man entweder den Pfad zurück zum Informationszentrum nehmen oder – und das ist meine Empfehlung – arbeitet man sich durch die grüne Vegetation hinauf zum Aussichtspunkt Sjónarnípa. Den weiten Blick in diese prachtvolle Landschaft solltest du dir nicht entgehen lassen. Erreicht man dann Sjónarnípa, erhält man einen Ausblick der Extraklasse über die Gletscherzunge Skaftafellsjökull, den Öræfajökull mit seiner Eiskappe und die schier endlosen Sanderflächen. Wahnsinn!
Bizarre Landschaft und Blütenpflanzen
Neben diesem Weg hoch zum Svartifoss möchte ich euch eine weitere sehr schöne und leichte Wanderung im Nationalpark ans Herz legen. Vom Besucherzentrum aus gelangt man auf einem ebenen Spazierweg vor zur Gletscherzunge Skaftafellsjökull.
Die erste Hälfte des Weges liegt inmitten herrlicher Vegetation. Blütenpflanzen, wie z. B. Fettkraut, arktischer Thymian, Silberwurz, Westliche Kuckucksblume, Heidekraut, Enzian, arktische Weidenröschen, Alpenhelm und Labkraut, sorgen für hübsche bunte Farbtupfer.
Wer möglichst nahe an die Ausläufer des Gletschers herankommen möchte, muss die Wanderung über die Geröllfläche in dieser bizarren Landschaft einfach nur fortsetzen.
Fotos: Thomas Linkel (12), Carina Pilz (1)