Erinnern Sie sich?
Der Skógafoss, der Waldwasserfall, liegt in einer beindruckenden Landschaft nahe dem kleinen Ort Skógar. Seit 1987 steht der Fall unter Naturschutz und zählt auf Island zu den Naturdenkmälern. Schon bei der Anfahrt sieht man die beiden Gletscher, die über dem Fall thronen. Das sind der Eyjafjallajökull und der Mýrdalsjökull. Der erstere ist mit seinem Ausbruch im Jahr 2010 zur Weltberühmtheit aufgestiegen.
Island war damals in aller Munde. Bestimmt ist vielen das Chaos im Luftverkehr und dieser unaussprechliche Name in Erinnerung geblieben. Eigentlich ganz einfach: Ei-ja-fja-dla-jö-küdl, der Inselbergegletscher. Die Schneeflächen und Eiskappen waren in Folge der Eruption weit und breit mit Aschepartikeln bedeckt und wirkten plötzlich fade und grau. War ich froh, als der erste Schnee endlich wieder alles in ein strahlendes Weiß verwandelte.
Farbenspiel rund um den Skógafoss
Mich bezaubert generell das intensive Farbspiel in dieser Gegend. Im Sommer bilden die grünen Gras- und Moosflächen an den Hängen und auf der Ebene gemeinsam mit den riesigen, lila blühenden Lupinenfeldern einen so wunderbaren Kontrast zu der weißen Eisdecke. Kommt dann an einem wolkenfreien Tag der blaue Himmel dazu, komme ich aus dem Schwärmen nicht mehr heraus.
Erinnert Sie der Skógafoss an Kinofilme, in denen er Kulisse war? Ben Stiller führte Regie und spielte die Hauptrolle in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ und wählte u.a. diesen Drehort aus. Den Film „Thor“ kennen viele, er war ein großer Kinoerfolg. Einige Szenen aus seiner Fortsetzung „Thor: The Dark Kingdom“ wurden hier am Skógafoss gedreht. Die vielleicht erfolgreichste Serie aller Zeiten, „Game of Thrones“, wurde ebenfalls teilweise hier aufgenommen. Schon vor vielen Jahren haben die Filmproduzenten die bizarren und mystisch anmutenden Landschaften auf Island für ihre Science-Fiction-Filme oder postapokalyptischen Produktionen entdeckt.
Entstehung und Namensgebung
Der Skógafoss fällt über eine 25 Meter breite Felskante wie eine gewaltige Wasserwand 60 Meter in die Tiefe. Die meist alten, oft noch aus der Landnahmezeit (874–930 n. Chr.) stammenden, Ortsnamen weisen in der Regel auf ein ortstypisches Merkmal, ein Ereignis oder eine Person hin. So bedeutet die kleine Siedlung namens Skógar einfach Wälder. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen hat dort zur Besiedlungszeit tatsächlich ein Wald gestanden.
Wie viele der isländischen Wasserfälle ist der Skógafoss erst nach der letzten Eiszeit entstanden. Als durch die Eisschmelze das Gewicht der Eismassen geringer wurde, begann auf Island die Landhebung, und die einstige Meeresküste wurde allmählich zur Steilküste. Während des Sommers brüten viele Seevögel in den Felswänden am Wasserfall.
Fantastische Eisgebilde im Winter
Vom Parkplatz aus geht man entweder direkt vor zum Skógafoss oder erklimmt über mehrere hundert Stufen die Aussichtsplattform und betrachtet den Fall und seine Wasserwucht von oben. Unten erhält man – je nachdem, wie nahe man sich an das Wasser heranwagt – eine Dusche vom Spritzwasser. Kommt man zur richtigen Zeit, sieht man in der Gischt einen Regenbogen.
Im Winter fasziniert es mich immer ganz besonders, wenn der Frost aus dem Wassernebel wirklich fantastische Eisgebilde modelliert. Von oben hat man eine herrliche Aussicht hinauf zu den Gletschern, über die flache Schotterebene, über den Wald Völvuskógi – den Wald der Wahrsagerin – und über die lilafarben leuchtenden Lupinenfelder bis zur Küste hin. Wem es nichts ausmacht, nass zu werden, kann sogar hinter den Wasserfall gehen und sich auf Schatzsuche begeben.
Schon mal auf Schatzsuche gewesen?
Eine isländische Volksgeschichte berichtet vom Landnehmer Thrasi Thórolfsson, der in Skógar wohnte und hinter dem Skógafoss eine Schatzkiste versteckt haben soll. Manchmal habe man sogar den Griff durch das Wasser hervorlugen sehen. In einem Gedicht steht geschrieben, dass nur derjenige die Kiste in Besitz nehmen darf, der sie auch als Erster bergen kann. Die Geschichte erzählt von drei Männern, die um das Jahr 1600 den Versuch unternommen haben sollen, diese Kiste hervorzuholen.
Währenddessen schien ihr Hof in Skógar urplötzlich in Flammen aufzugehen, und so ließen die drei von der Truhe ab. Aber sie hatten lediglich eine Erscheinung, nichts hatte gebrannt. Die Männer wollten allerdings nicht aufgeben und wagten sich ein weiteres Mal hinter die fallenden Wassermassen. Es gelang ihnen zwar, den Ringgriff zu packen, als sie aber daran zogen, riss der Griff ab und die Kiste verblieb hinter dem Skógafoss. Dieser Griff war lange Zeit an der Tür der Kirche befestigt und erhielt 1961 einen Ehrenplatz im Heimatmuseum in Skógar, wo er bis heute hinter Glas in einer Vitrine liegt.
Wandern oder angeln?
Der Skógafoss ist Teil des Flusses Skógá, der sich u.a. aus dem Gletscherwasser des Mýrdalsjökull speist. In seinem unteren Teil ist er ein beliebter Angelfluss für Forellen und Lachse.
Von der Aussichtsplattform führt ein Wanderweg hinauf zum Pass Fimmvörduháls, der genau zwischen den beiden Gletschern Eyjafjallajökull und Myrdalsjökull liegt, dort, wo sich die Erde im Frühjahr 2010 auftat. Eine riesige schwarze Aschewolke erhob sich damals in den Himmel und trieb nach Südosten. Weltweit versank damals der Flugverkehr im Chaos und Island war plötzlich in aller Munde.
Flussaufwärts kommt man, je nachdem für welchen Pfad man sich im oberen Teil entscheidet, an 22 oder gar 37 weiteren Wasserfällen vorbei. Sie sind zwar nicht so groß und mächtig wie der Skógafoss, liegen aber wie kleine Schmuckstückchen in der Landschaft. Schon allein deswegen bin ich gerne auf dieser Strecke unterwegs und ich habe noch immer etwas Neues entdeckt. Außerdem ist die Aussicht einfach nur spektakulär und kaum in Worte zu fassen. Erfahrende Wanderbegeisterte gehen die gesamte Wanderstrecke bis hinunter in das einzigartig schöne Tal Thórsmörk. Wenn ihr ein Ferienhaus in der Nähe sucht, dann schaut doch hier vorbei.
Fotos: Thomas Linkel (6), Carina Pilz(4)