Vielleicht seid ihr ja nur für ein paar Tage in Island, dann heißt es: keine Zeit verlieren und gleich los ins Abenteuer. Nehmt einfach die Straße 44 kurz nach dem Flughafen und fahrt Richtung Süden auf die Halbinsel Reykjanes. Nach kurzer Zeit könnt ihr zum Hafnaberg, einem der größten Vogelfelsen in Island, wandern, der Brutgebiet von Eissturmvögeln, Dreizehenmöwen und Tordalken ist. Etwas weiter ermöglicht euch die „Bridge between Continents“, zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Kontinentalplatte hin und herzugehen.
Im Südwesten von Island dampft und brodelt es
Auf der 425 geht es zum südwestlichsten Punkt der Halbinsel Reykjanes, an dem der Leuchtturm Reykjanesviti steht. Schon etwas davor wartet das farbenprächtige Geothermalgebiet Gunnuhver auf euch. Es zischt, brodelt und dampft aus heißen Quellen, u.a. aus der im Moment größten Schlammquelle von ganz Island.
Nun wird die Landschaft rauer, ihr passiert Vulkankrater, tiefe Erdspalten und Lavaformationen. Bei Grindavík könntet ihr auf ein Bad in der Blauen Lagune abbiegen oder euch den vom Meer ausgewaschenen Lavapool Brimkettill ansehen. Selbst wenn ihr nur auf der Plattform über dem natürlichen Pool steht, können euch bei starkem Wind die Wellen kalt abduschen. Wer jetzt keine Zeit mehr hat, fährt die 42 nach Norden und kommt bald darauf in die Stadt Hafnarfjördur.
Fagradalsfjall: Vulkanausbruch im Südwesten von Island
Wenn ihr der Straße 427 weiter im Süden der Halbinsel Reykjanes folgt, erreicht ihr nach kurzer Fahrt einen Parkplatz, von dem aus ihr über verschiedene Wanderwege bis zum Vulkan Fagradallsfjall gehen könnt. Von März bis September 2021 floss die Lava aus verschiedenen Krateröffnungen und ergoss sich in die Umgebung. Noch heute dampft die frische Lava an einigen Stellen.
Nehmt die Landstraße 427 Richtung Osten, werdet ihr auf eurer weiteren Fahrt atemberaubende Klippen passieren, über die bei früheren Vulkanausbrüchen Lava wie aus einem Wasserfall in den Atlantik stürzte. Auch mehrere Krater und Tuffberge liegen auf dem Weg.
Kirche am schwarzen Sandstrand
Vielleicht habt ihr später Lust auf einen Stopp an der Strandarkirkja. Nicht weit vom schwarzen Lavasandstrand, von dem aus ihr fast die gesamte Küste von Islands Südwesten sehen könnt, liegt die kleine Holzkirche. Ein erster Bau soll aus Dankbarkeit von einem isländischen Siedler im 12. Jahrhundert errichtet worden sein, nachdem ihm ein Lichtengel den Weg aus einem Sturm bis hierher zum Strand wies. Dem göttlichen Retter zu Ehren wurde 1950 die Skulptur Landsýn neben die Kirche gestellt.
Über Thorlákshöfn verlasst ihr schließlich die Halbinsel Reykjanes und erreicht die Ringstraße 1 in der Nähe von Hveragerdi. In den mit Erdwärme beheizten Gewächshäusern kultivieren die Isländer Bananen, Tomaten und anderes Gemüse – achtet doch beim nächsten Einkauf im Supermarkt auf die Herkunft oder kauft direkt in Hveragerdi.
Typisch Island: Baden im heißen Bach
Wenn ihr zurück auf die Halbinsel Reykjanes wolltet, dann solltet ihr auf der Ringstraße zurück nach Reykjavík fahren, vielleicht habt ihr ja Lust auf Kunst, Kultur und Nachtleben in der größten Stadt von Island.
Selfoss als Basis für den Südwesten
Wenn ihr mehr Zeit für den Südwesten habt, dann folgt einfach der Ringstraße nach Selfoss, bummelt durch das lebendige Städtchen, trinkt zum Beispiel einen Kaffee zwischen Büchern im Bókakaffid und deckt euch mit Lebensmitteln in einem der großen Supermärkte ein. In der Nähe von Selfoss gibt es auch einige Ferienhäuser die ihr als Basis für den gesamten Südwesten von Island nutzen könntet.
Von Selfoss aus besteht für euch aber auch die Möglichkeit, den Golden Circle zu besuchen, mit den Highlights Nationalpark Thingvellir, Geysir Strokkur und dem Wasserfall Gullfoss.
Golden Circle ohne Stress
Da die meisten Touristen den Golden Circle von Reykjavík aus beginnen und ihn im Uhrzeigersinn abfahren, könntet ihr die „Rush Hour“ an den jeweiligen Höhepunkten vermeiden, indem ihr von Selfoss aus einfach die andere Richtung nehmt und frühmorgens startet.
Falls ihr wirklich früh genug unterwegs seid, dann besucht doch noch den Wasserfall Seljalandsfoss und wandert hinter (!) seinen Wasserschleier, bevor ihr euch zum Beispiel über die Straße 30 nach Norden aufmacht.
Islandpferde, Orgelspiel und die Hekla
Euer Weg führt durch weites Farmland, im Osten könnt ihr den Vulkan Hekla sehen, immer wieder werdet ihr verstreute Bauernhöfe und Islandpferde passieren. Wenn ihr auf die Landstraße 31 abbiegt, liegt bald der ehemalige Bischofssitz Skálholt mit der prächtigen Kirche vor euch. Wenn ihr Glück habt, dann probt gerade ein Chor oder eine Organistin in dem lichtdurchfluteten Sakralbau, außerdem könnt ihr im Kirchencafé eine Kleinigkeit essen.
Für die Geschichte von Island hat Skálholt eine beinahe ebenso große Bedeutung wie der Nationalpark Thingvellir, denn im Bischofssitz konzentrierten sich über sieben Jahrhunderte Bildung und Macht des ganzen Landes.
Auch das ist der Südwesten: Speisen im Gewächshaus
Richtung Norden verlasst ihr den Ort auf der Straße 35, fahrt an den heißen Quellen und den Gewächshäusern des Dorfes Reykholt vorbei. Vielleicht kauft ihr noch schnell frisches Gemüse in der Tomatenfarm Fridheimar oder stärkt euch mit einer Tomatensuppe im Hofrestaurant, das inmitten eines der Gewächshäuser liegt.
Kurz danach seid ihr auch schon an einem der schönsten Wasserfälle von Island, aber definitiv dem beeindruckendsten im Südwesten: dem Gullfoss.
Vom Wasserfall zum UNESCO-Welterbe
Je nach Lichteinfall und Windrichtung überspannen manchmal sogar mehrere Regenbogen diesen gewaltigen Wasserfall, der genau genommen aus zwei Fallstufen besteht, über die das Wasser des Gletscherflusses Hvítá in einen beeindruckenden Canyon stürzt.
Vom Gullfoss bis nach Thingvellir dauert es mit dem Auto etwa eine Stunde, aber bevor ihr das UNESCO-Welterbe besucht, müsst ihr auf eurem Weg natürlich den Geysir Strokkur im Hochthermalgebiet von Haukadalur besuchen. Das isländische Wort „Geysir“ wurde zum Namensgeber aller Springquellen dieser Welt. Strokkur springt regelmäßig alle 5 bis 10 Minuten, aber achtet auf die Windrichtung, damit ihr nicht kochend heiß geduscht werdet!
Besucht doch auf dem Weg zum Nationalpark Thingvellir das tolle Thermalfreibad in Laugarvatn, lasst euch in Hotpots vom heißen Wasser wärmen und taucht anschließend in die kühlen Fluten des Sees Laugarvatn.
Historie und Erdspalten satt im Nationalpark Thingvellir
Wenn ihr morgens in Selfoss gestartet seid, dann erreicht ihr den Nationalpark am Ende des Tages. Nehmt euch Zeit und wandert zwischen mit Wasser gefüllten Erdspalten und durch die beeindruckende Schlucht Almannagjá bis zum Wasserfall Öxaráfoss.
Am See Thingvallavatn, der auch zum Nationalpark gehört, traf sich vor mehr als 1.000 Jahren das Althing, das erste Parlament der Welt, und dort wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg die unabhängige Republik Island ausgerufen. Wem nach mehr Action ist, der könnte hier im Nationalpark eine geführte Schnorchel- oder Tauchtour in der Silfra-Spalte unternehmen.
Reykajvík wartet auf euch
Eine weitere Autostunde später erreicht ihr die Hauptstadt Reykjavík, für die ihr euch ein bis zwei Tage Zeit nehmen solltet. Und bevor ihr wieder abfliegt, cruist ihr ein letztes Mal über die Halbinsel Reykjanes im Südwesten von Island. Ihr erinnert euch doch bestimmt noch an die ersten Eindrücke nach eurer Ankunft, auch, wenn euch das verdammt lange her erscheint …
Fotos: Thomas Linkel, Carina Pilz, Reykjanes Tourism, inspired by iceland, South Iceland Tourism